Geschichte der Zahnmedizin an der Universität Basel seit 1888

Die Geschichte der zahnmedizinischen Ausbildung in Basel beginnt mit der Verordnung über die eidgenössischen Prüfungen der Medizinalpersonen vom 19. März 1888, in welcher neben den Ärzten, den Tierärzten und den Apothekern zum ersten Mal die Zahnärzte einbezogen waren. Bis zur Etablierung eines geordneten Studiengangs sollte es allerdings in Basel fast noch 40 Jahre dauern.

Erst im Laufe des Wintersemesters 1924/25 konnte der Unterricht am «Zahnärztlichen Institut» am Petersplatz 14 unter adäquaten Bedingungen aufgenommen werden. Die älteste Universität der Schweiz hatte nun nach Genf (1881), Zürich (1895) und Bern (1921) das jüngste Zahnärztliche Institut. Warum dauerte es in Basel im Vergleich so lange bis sich die Regierung zur Schaffung einer zahnmedizinischen Ausbildungsstätte entschloss? Die Behörden verhielten sich dieser Frage gegenüber vollständig passiv. Ihrer Meinung nach schien der Bedarf durch Zahnärzte, die andernorts ausgebildet waren, vor Ort wenigstens vorläufig gedeckt.

Schwierige Anfänge
In der medizinischen Fakultät hatte die Zahnheilkunde den Lehrstuhlinhaber für Anatomie, Prof. Kollmann, als Fürsprecher, der in einem Brief an die Sanitätsbehörde die Schaffung eines Zahnärztlichen Institutes in Basel empfahl. Nachdem weder von den «oberen Behörden» noch von der medizinischen Fakultät oder der Universität irgendwelche Reaktionen auf die Verordnung über die eidgenössischen Prüfungen der Medizinalpersonen erfolgte, nahmen die Bemühungen um eine zahnärztliche geregelte Ausbildung ausschliesslich auf privater Basis ihren Fortgang.
Pionier war Herr Dr. phil. Gustav Preiswerk, der sich mit der Fachausbildung von Studierenden der Zahnheilkunde in seiner Privatpraxis ab 1889 beschäftigte. Sein Gesuch um eine Dozentur für Zahnheilkunde wurde von der medizinischen Fakultät abgewiesen. Immerhin wurde ihm aber ein Lektorat angeboten, welches er annahm.

Während seiner Lehrtätigkeit in der Praxis erkannte er, dass die wissenschaftliche und praktische systematische Fachausbildung der Studierenden die Kräfte eines einzelnen Lektors übersteige. Er sah die Lösung des Lehrproblems in der Errichtung eines Zahnärztlichen Institutes mit mehreren Dozenten nach den Vorbildern Genfs und Zürichs. Das lag aber für Basel 1903 noch in weiter Ferne, so dass Preiswerk im Gebäude der allgemeinen Poliklinik im Markgräflerhof an der Hebelstrasse eine Zahnärztliche Poliklinik einrichtete, die den Charakter einer Privaten Volkszahnklinik ohne jede staatliche Unterstützung hatte. Die Eigenfinanzierung betrug also 100 Prozent, ein Wunschgedanke, der im 21. Jahrhundert noch vielerorts vorhanden ist.

Die selbstlose Tätigkeit des Lektors Dr. phil. Gustav Preiswerk quittierte der Regierungsrat in seinem Verwaltungsbericht 1910 mit den Worten: «Von den in den Gebäuden der allgemeinen Poliklinik untergebrachten Spezialpolikliniken ist die zahnärztliche des Herrn Dr. G. Preiswerk eingegangen».

Mit dem Rücktritt von Gustav Preiswerk hörte der zahnärztliche Fachunterricht in Basel nahezu vollständig auf. Die Studierenden der Zahnheilkunde mussten entweder nach Zürich oder Genf ausweichen, oder sich mit einer praktischen Lehre bei einem diplomierten Zahnarzt begnügen mit dem Nachteil, dass ihre theoretische Ausbildung ungenügend war - ein unhaltbarer Zustand. Offensichtlich erlagen die Politiker zu wenig Zahnerkrankungen. 1911 praktizierten in Basel etwa 40 derartig ausgebildete Zahnärzte. Der Kanton Basel Stadt hatte damals 140'000 Einwohner. Heute haben in Basel Stadt 160 Zahnärzte eine Praxisbewilligung bei 180'000 Einwohnern.

Ein im Jahre 1911 an die Curatel gerichteter Bericht, wie die Weiterführung der zahnmedizinischen Ausbildung zu sehen sei, nimmt wieder Bezug auf die Kostenfrage und führt auf, dass die Zahnmediziner die meisten Veranstaltungen mit den anderen Medizinern besuchen könnten, nur die Gelegenheit zur technischen und praktischen Ausbildung müsse zusätzlich geschaffen werden. Die Finanzierung sollte über Patienten- und Kursgelder und verschiedene Zuschüsse erfolgen.
Das Erziehungsdepartement lehnte aus finanziellen Gründen die Errichtung eines zahnärztlichen Institutes ab und die Behörden kümmerten sich vorerst nicht mehr um die Angelegenheit, so dass die Initiative wieder an die Privatzahnärzte überging.

Die Universität kommt ins Spiel
1921 erfolgte ein weiterer Versuch, die desolate Zahngesundheit - laut eines Berichts des Gesundheitsamtes fehlte ¾ der Bevölkerung die Möglichkeit ihre erkrankten Zähne behandeln zu lassen - durch Etablierung eines zahnärztlichen Instituts an der Universität, das zugleich die Funktion der Volkszahnklinik ausüben sollte, zu verbessern,

Zum ersten Mal wird die Universität ins Spiel gebracht: Der nach wie vor auf privater Basis entstandene Druck führte zu ersten Einsichten, es wurden aber die Kosten diskutiert. Wegen Mangel an Raum, Behandlungsstühlen und Assistenten mussten ständig Zahnkranke abgewiesen werden. Die Frequenz der privaten Volkszahnklinik war trotzdem so beträchtlich, dass der Staat keine Zuschüsse zu leisten hatte, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Dozenten kostenlos arbeiteten und die Lehrmittel (Modelle, Fotos, Zeichnungen) auf eigene Kosten herstellten oder anschafften.

Nachdem sich bei den oberen Behörden diese Einsicht langsam durchgesetzt hatte, erfolgte aber Widerstand seitens der Universität. So beantragt der Dekan der medizinischen Fakultät mit Schreiben vom 4. April 1921 an den Präsidenten der Sanitätskommission eine seiner Ansicht nach wesentlich kostengünstigere Lösung des Problems: In seinem Brief schlägt Prof. Dr. med. Hotz vor «den Technikern eine speziell angepasste Schulung zu geben und damit einen Zahnarzt zweiter Klasse zu schaffen, der auch zahnärztliche Behandlung treiben darf, wodurch die Sache billiger wird und die Leute nicht mehr nach Allschwil und Binningen gehen. [...] Die Ausbildung der Zahnärzte sollte jedoch wissenschaftlich bleiben, mit Maturität und im Zusammenhang stehen mit der medizinischen Fakultät.» Diese Stellungnahme des Dekans führte unter anderem dazu, dass die Behörden 1922 beschlossen, das zahnärztliche Institut nicht der Universität resp. der medizinischen Fakultät anzugliedern, sondern als selbständiges Institut zu schaffen. Wegleitend dafür waren Bedenken finanzieller Natur, aber auch der Gedanke, dass an diesem Institut nicht nur Zahnärzte, sondern auch Zahntechniker ausgebildet werden sollten. Die Verbindung zur Universität sollte durch eine Aufsichtskommission erreicht werden, der unter anderem Vertreter der medizinischen Fakultät und der Zahnärztegesellschaft angehören sollten.

Die immer noch aus idealistischen Motiven heraus handelnden Privatzahnärzte, welche sich der Ausbildung des Nachwuchses in Basel verschrieben hatten, lehnten die Ausbildung von Zahntechnikern am Institut ab und wiesen darauf hin, dass es dem Schweizerischen Zahnärztestand - besonders aber den in Basel Studierenden der Zahnmedizin - schaden würde, wenn ihre Ausbildung im In- und Ausland nicht als Hochschulausbildung anerkannt würde.

Gründung des zahnärztlichen Instituts
Nach weiteren Anhörungen, Stellungnahmen, Berichten, Diskussionen und Kommissionsarbeiten wurde am 8. Mai 1924 der »Ratschlag betreffend der Errichtung eines zahnärztlichen Institutes und einer Volkszahnklinik» dem grossen Rat des Kantons Basel Stadt vorgelegt. Als Institutsgebäude wurde die Liegenschaft Petersplatz 14 in Aussicht gestellt. Das Haus mit der Front gegen den Petersplatz gegenüber dem Kollegiengebäude und in der Nähe des Bürgerspitals gelegen, sollte sowohl das zahnärztliche Institut, als auch die Volkszahnklinik und die Schulzahnklinik aufnehmen. Der grosse Rat gewährte einen Kredit von CHF 750'000 für den Umbau der Liegenschaft und die Errichtung des zahnärztlichen Instituts und der Volkszahnklinik. Für Umbau und Einrichtung war das Baudepartement besorgt, nachdem am 26. Juli 1924 die Referendumsfrist abgelaufen war.

Die von den oberen Behörden eingerichtete Aufsichtskommission stand unter Zeitdruck. Der Betrieb des Institutes sollte auf das Wintersemester 1924/25 eröffnet werden, da die Räume, in denen bis dahin der Unterricht erteilt wurde, nicht mehr zur Verfügung standen. Der medizinischen Fakultät wurden die Beschlüsse betreffend der Organisation des Unterrichts und Berufung der Dozenten am zahnärztlichen Institut Basel mitgeteilt. Diese erklärte mit Schreiben vom 1. Juli 1924 ausdrücklich, dass sie in allen wesentlichen Punkten einverstanden sei und empfahl ausserdem eine inhaltliche breite Ausbildung. So wurde vorgeschlagen fortgeschrittene Studierende speziell in spezieller Pathologie und Therapie der Mundorgane auszubilden. Dieser Wunsch aus dem Jahre 1924 wird auch nach 85 Jahren noch als Anregung empfunden, da die Studierenden im 5. Jahreskurs nach wie vor durch die Professoren G. Jundt und J. Th. Lambrecht in einer gemeinsam gehaltenen klinischen Vorlesung über die spezielle Pathologie und Therapie der Mundorgane unterrichtet werden.

Dieses Schreiben hat weiterhin enorme Bedeutung, weil es zeigt, dass die medizinische Fakultät, welche sich bisher um die Ausbildung der Zahnärzte und die Errichtung eines Instituts wenig gekümmert hatte, eine vermehrte und vertiefte Ausbildung in der Medizin für notwendig erachtet. Damit stellt die Fakultät den Studiengang Zahnmedizin zwar noch nicht parallel neben den Studiengang Medizin, aber immerhin wird seine universitäre Notwendigkeit als Fundament für eine solide Ausbildung anerkannt. Schliesslich wurde auch die aus dem Jahre 1888 verabschiedete Verordnung über die eidgenössische Prüfungen der Medizinalpersonen mit reichlicher Verspätung in Basel mit einiger Konsequenz befolgt, so dass der den damaligen nationalen und internationalen Standards gerecht werdende Beginn des Studienganges Zahnmedizin auf das Jahr 1924 datiert werden kann.
Dazu gehörte auch die heute noch gültige klassische Einteilung der Zahnmedizin in vier Fächer, nämlich die zahnärztliche Chirurgie (Prof. Dr. med. E. Hockenjos), die konservierende Zahnheilkunde (Prof. Dr. phil. O. Müller), die Abteilung für Orthodontie (Prof. Dr. phil. R. Schwarz) und die Prothetische Abteilung, damals noch unterteilt in herausnehmbaren und festsitzenden Zahnersatz (Dozent Dr. med. M. Spreng, Dozent G. Vest DDS).

Die Rolle des Insituts im Rahmen der Universität
In den 30er Jahren erfolgte ein reger Meinungsaustausch über die Stellung des zahnärztlichen Institutes und seiner Dozenten im Rahmen der Universität. In einem Schreiben des Vorstehers des Erziehungsdepartements an die medizinische Fakultät vom 7. Dezember 1935 heisst es: «Die Dozenten des zahnärztlichen Institutes sind nicht Mitglieder der medizinischen Fakultät und auch nicht einmal in der Fakultät vertreten. Den Dozenten kann der Titel eines Professors am zahnärztlichen Institut verliehen werden. Sie werden aber nicht Professoren der Universität und speziell der medizinischen Fakultät, trotzdem äusserlich selbstverständlich dieser Unterschied nicht auffällt».
Im neuen Universitätsgesetz, welches 1937 in Kraft trat, wurde daraufhin festgehalten, dass das zahnärztliche Institut der medizinischen Fakultät «angeschlossen» ist und dass die Professoren und die Privatdozenten der Zahnheilkunde Universitätslehrer sind. Das Institut hat mit einem Professor Sitz und Stimme in der medizinischen Fakultät. Vorher war das zahnärztliche Institut in Basel eine vom Staat errichtete Unterrichtsanstalt für die wissenschaftliche und praktische Ausbildung von Zahnärzten. Das Institut war nur dem Erziehungsdepartement unterstellt und so kein allgemein anerkanntes Universitätsinstitut.
Das neue Universitätsgesetz behielt die Regelung der Organisation des Institutes und der Dienstverhältnisse der Professoren einer regierungsrätlichen Verordnung vor. Somit wurde die Spezialstellung der Dozenten am zahnärztlichen Institute grundsätzlich beibehalten, obwohl ihre wissenschaftlichen Leistungen, welche national und international der Basler Zahnmedizin zu einiger Berühmtheit verhalfen, durchaus anerkannt wurden.
Eine Integration des Institutes mit der medizinischen Fakultät konnte aber nicht erreicht werden. Die rechtliche Stellung sah nach wie vor den Anschluss an die medizinische Fakultät vor, aber die komplette Unterstellung beim Erziehungsdepartement wurde beibehalten.

Jahre der Etablierung
1938, also 50 Jahre nach Verabschiedung der Verordnung über die eidgenössischen Prüfungen der Medizinalpersonen, war schon einiges erreicht, um den Studiengang Zahnmedizin in Basel auf ein vertretbares Fundament zu stellen. Bis zur endgültigen und vollständigen universitären Integration der Zahnmedizin, (d.h. der Patientenversorgung in der praktischen Ausbildung der Studierenden, des theoretischen Unterrichts der Studierenden in Vorlesungen, praktischen Kursen und Seminaren und der Wissenschaft mit Förderung des Nachwuchses durch Promotionen und Habilitationen) verging noch einmal ein knappes halbes Jahrhundert. Eine neue Verordnung über das zahnärztliche Institut der Universität Basel vom 25. Juni 1940 regelte die Aufgaben des Instituts. Die rechtliche Stellung sah eine Kommission für das zahnärztliche Institut vor, welche die Gliederung, die Amtsdauer des Lehrkörpers und die Ernennung von Professoren, die Bildung des Dozentenkollegiums und die Unterrichtsverpflichtungen regelte. Gleichzeitig wurde eine Regelung zum Erwerb der Doktorwürde der Zahnheilkunde an der medizinischen Fakultät der Universität Basel erlassen, welche 12 Jahre später erneuert wurde. Eine Habilitationsordnung der gesamten Universität, verabschiedet am 1. April 1939, hatte auch Gültigkeit für die Privatdozenten der Zahnheilkunde.

1948 wurde mit Rücksicht auf die staatliche Finanzlage die Frage aufgeworfen, ob das zahnärztliche Institut aufzuheben sei. Dieser Frage wurde mit einer Verzögerung von fast 50 Jahren, 1997, erneut nachgegangen. Davon gleich mehr.

Die 50er und 60er Jahre wurden von den verantwortlichen Hochschullehrern genutzt, das Fachgebiet Zahnmedizin wissenschaftlich in Basel zu etablieren. Hier ist hervorzuheben, dass die Basler Zahnmedizin Weltruhm erlangte durch die 1958 eingeführte Trinkwasser-fluoridierung der Stadt Basel, welche im Jahr 2001 vom grossen Rat abgeschafft wurde.

Erweiterungen in den 1960er Jahren
1963 wurde mit den Fundamentierungsarbeiten des Institutneubaus begonnen und am 16. Februar 1968 konnte der fertig gestellte Erweiterungsbau eröffnet werden. Obwohl der Neubau grosszügig konzipiert war und auch bis zum heutigen Tage funktionsfähig ist, stiess er schnell wieder an räumliche Grenzen, so dass im Wintersemester 70/71 erstmals Zulassungsbeschränkungen für Studierende durch den Regierungsrat erlassen werden. Ein revidiertes Projekt für den Umbau des Altbaus blieb vorläufig beim Baudepartement liegen.1973 konnte jedoch mit den Umbauarbeiten begonnen werden und am 21. Februar 1976 fand die offizielle Einweihung des renovierten Altbaus am Peterplatz statt.
Die räumlichen Schwierigkeiten waren somit überwunden, aber im Unterricht machte sich Patientenmangel bemerkbar, so dass die Studierenden zur Patientenversorgung in der inzwischen ausgelagerten Volkszahnklinik herangezogen werden. Dieses Modell hatte sich bis Mitte der 90er Jahre hervorragend bewährt und dient 2008 als Grundlage für aktuelle Planungen hinsichtlich der Zusammenführung der öffentlichen zahnmedizinischen Institutionen in Basel.

In den Annalen lässt sich nachlesen, dass die administrativen und finanziellen Zwänge schon in den 70er und 80er Jahren zunahmen. Es ist von zunehmender administrativer Belastung des Institutsdirektors und der Abteilungsleiter die Rede, von der Koordination der Betriebsführung der staatlichen zahnärztlichen Kliniken, von Überlastung der Oberassistenten und Assistenten durch Personalabbau und nachfolgendem gravierendem Personalmangel, parallel dazu drohen dem Institut weitere Zulassungsbeschränkungen und die Abwanderung hervorragender Lehrkräfte an andere Institute.

1973 unternahmen die Dozenten des Institutes einen Vorstoss zur Erlangung des Stimmrechts in der medizinischen Fakultät. Nachdem 1980 das neue Universitätsgesetz vom Souverän nicht angenommen worden war, blieb das Problem der Stellung des Institutes und seiner Dozenten in der medizinischen Fakultät weiterhin ungelöst. Die Integration der Dozenten des zahnärztlichen Instituts in die medizinische Fakultät wurde trotz eines weiteren Vorstosses zu Händen der Regierung erneut abgelehnt. Der lineare Stellenabbau in den staatlichen Institutionen erschwerte den Klinikbetrieb zunehmend. Gekündigte oder altershalber freigewordene Stellen mussten vor der Neubesetzung einer staatlichen Begutachtung unterzogen werden, was die Kontinuität in Lehre, Forschung und Patientenversorgung stark einschränkte. Die Professorenstelle für herausnehmbare Prothetik wird 1982 nicht mehr wiederbesetzt, sondern mit der Professorenstelle für festsitzende Prothetik fusioniert. Die Vorgaben für das Einnahmenbudget wurden willkürlich immer höher geschraubt. Die Aufgaben in Lehre und Forschung schienen von den Aufgaben im Rahmen der Patientenversorgung spürbar beeinträchtigt zu werden.

Schliesslich gab der Regierungsrat am 27. Oktober 1985 einer Änderung des Universitätsgesetztes seinen Segen, welche die vollständige Integration des Institutes in die medizinische Fakultät der Universität Basel vollzog, in dem am 1. November die Abteilungsvorsteher zu ordentlichen Professoren ernannt wurden. Die «Kommission für das zahnärztliche Institut» war schon vorher aufgelöst worden. Im Jahre 1989 wurde Prof. Mäglin als erster Zahnmediziner zum Dekan der medizinischen Fakultät gewählt. 1992 stellte das Zahnärztliche Institut in der Person von Prof. Graber erneut den Dekan. Dies waren die Jahrzehnte lang ersehnten Signale der abgeschlossenen Integration der Zahnmedizin in die medizinische Fakultät und der Gleichstellung des Studiengangs Zahnmedizin für die Studierenden. Aber es kam anders.

Stürmische Zeiten. Das Zahnärztliche Institut und die Autonomisierung der Universität
Nachdem am 1. Januar 1996 das neue Universitätsgesetz, welches die Autonomisierung der Universität Basel zum Inhalt hatte, in Kraft gesetzt wurde, hatte sich das «Departement Zahnmedizin» im Vorfeld gemäss den vorgegebenen Planungen selbst strukturiert und damit seinen Willen zur konsequenten Mitarbeit in der neu organisierten Universitätslandschaft dokumentiert.

Im Herbst 1997 sah sich das Zentrum für Zahnmedizin jedoch als Antwort ohne Vorwarnung mit der zum letzten Mal 1948 aufgeworfenen Existenzfrage konfrontiert. Im Perspektivenpapier «Die Universität Basel auf dem Weg ins 21. Jahrhundert-Ausrichtung 1998 bis 2007» ging es den universitären Leitungsgremien
«nicht darum, Veränderungen um ihrer Selbstwillen einzuleiten, sondern
- auf bestehendem aufzubauen;
- Die Qualität als wichtigstes Kriterium zu verankern;
- Die Universität für hervorragende Wissenschaftler attraktiv zu erhalten;
- Kultur und Strukturen auf die permanente Anpassung an veränderte Herausforderungen und Notwendigkeiten auszurichten.»

Unter dem Abschnitt «Zahnmedizin» kam der Universitätsrat dabei zu einem unerwarteten Entschluss, der alle überraschte: «Die anstehenden nicht finanzierbaren Investitionen sowie die hohen Betriebskosten stellen die Fortführung der Ausbildung von Zahnmediziner/Innen in Frage.
Bis zu einem definitiven Entscheid werden alle Beschlüsse über Betriebs- und Investitionsmittel sowie über permanente Anstellungen sistiert.» Studierende, Dozenten und Mitarbeitende am Zentrum für Zahnmedizin hörten am 16. Oktober 1997, als der Universitätsrat diesen Bericht vorlegte, zum ersten Mal von der Absicht, den Studiengang Zahnmedizin zu schliessen und damit die universitäre zahnmedizinische Patientenversorgung wie auch Wissenschaft und Forschung in Basel endgültig zu beenden. Am vorangegangen Planungsprozess hatten eine Planungskommission, das Rektorat und der Universitätsrat, nicht aber die direkt Betroffenen mitgewirkt. Auch das Dekanat der medizinischen Fakultät war in die Planungen nicht einbezogen worden.

Die Schliessungsabsicht des Universitätsrates traf auf breiten Widerstand, sowohl die medizinische Fakultät als auch die Schweizerische Zahnärztegesellschaft - SSO - und die Bevölkerung unterstützen die Studierenden, Mitarbeitenden und Dozenten der Zahnmedizin. Der politische Druck und die für die Zahnmedizin überaus positive Berichterstattung in den Medien sowie eine Aktion, welche fast 30'000 Unterschriften der Basler Bevölkerung erbrachte, veranlassten die Verantwortlichen zum Zurückkrebsen, so dass Universitätsratpräsident Dr. Soiron schliesslich unter der Auflage von «Substantiellen Verbesserungen» die Weiterführung der universitären Patientenversorgung, der Lehre und der Forschung im Fachbereich Zahnmedizin befürworten musste. Grundlage waren Arbeiten einer «Task Force Zahnmedizin».
Diese 1998 nach langen Untersuchungen und Evaluationen erreichten Ergebnisse sind auch zehn Jahre später vollumfänglich gültig, reichten aber nicht aus, um in der Folge die Zahnmedizin in Basel immer und immer wieder in Frage zu stellen.

Die Schliessungsandrohung hatte für die Lehre und Forschung primär sehr ungünstige - zum Teil folgenschwere - Auswirkungen gehabt. Z.B. hatten zahlreiche Studierende ihre Anmeldung zum Zahnmedizinstudium spontan zurückgezogen. Einzelne Forschungsprojekte mussten sistiert oder gänzlich abgebrochen werden, da sich potente Sponsoren angesichts der unsicheren Zukunftsaussichten abgewandt hatten. Ferner wurde das Zentrum Basel als diskreditierter Standort in einem weltumspannenden Fortbildungsprojekt gänzlich gestrichen. Die physische und psychische Belastung des Lehrpersonals und der Klinikmitarbeiter nahm ständig zu. Die konstante Unsicherheit ist zu einem ernstzunehmenden pathogenen Faktor geworden.

Die Aufbauarbeiten im Zentrum, welches sich soeben neu formiert hatte, waren blockiert. Die veritable Krisensituation schadete dem Zentrum finanziell und prestigemässig. Die Zentrumsvernetzung als Instrument für eine effiziente finanzielle Führung, die bereits eingeleitet war, musste sistiert werden, erhebliche Drittmittelzusagen wurden gestoppt, (wer investiert schon in ein Geschäft, welches geschlossen werden soll?) und vorgesehene Projekte fallen gelassen. Die Motivation der Assistierenden, eine Hochschullaufbahn einzuschlagen war vernichtet. Der Mittelbau verliess fluchtartig das Zentrum, um die Zeit für den Aufbau der Karriere sinnvoller in der Privatpraxis zu nutzen. Der plötzliche Angriff sass zu tief, seine Folgen zu bewältigen dauerte sehr lange, vielleicht zu lange.

Nur unter der Bedingung, dass das Universitätsbudget bis ins Jahr 2000 um 3,6 Mio. CHF entlastet würde (substantielle Verbesserung!) bewilligte der Universitätsrat die Weiterführung der Zahnmedizin mit dem dauernden Nachweis eines optimalen Kosten-Nutzen Verhältnisses. Die Reduktion des Budgets um 30 Prozent ging nicht spurlos vorüber. Die Aufrechterhaltung des Lehrbetriebs bei gleichbleibender Qualität musste aus Verantwortung gegenüber den Patienten und den Studierenden selbstverständlich gewährleistet bleiben.
Da die administrativen Arbeiten der Klinik- und Institutsleiter im finanziellen Bereich zusammen mit den Lehraufgaben derartig Überhand nahmen, blieben wichtige Teile der Forschung auf der Strecke, so dass von bestimmten Stellen schnell Forderungen nach Eingliederung in den Fachhochschulbereich laut wurden.

Im Jahre 2000 kam es nach Erfüllung der vom Universitätsrat vorgegebenen Forderungen von universitärer Seite ganz kurz zur Ruhe. Das Departement Zahnmedizin war in Fragen der Lehre und Forschung in der medizinischen Fakultät integriert, in Fragen der universitären Administration - und hier insbesondere der Finanzen - aber der Universität unterstellt.

Da 2001 die Fakultäten von der Universität die Verantwortung für ihre eigenen Budgets übertragen bekamen, sah sich das Departement Zahnmedizin zum zweiten Mal plötzlich vor die Situation gestellt, dass - diesmal vom Dekanat der medizinischen Fakultät - die vier Jahre vorher formulierte Idee erneut aufgegriffen wurde und in der Schliessung der Zahnmedizin die Möglichkeit gesehen wurde ca. 7 Mio. CHF intrafakultär anderweitig zu verwenden. Da diese Idee ohne Zustimmung der Fakultät nicht realisiert werden konnte, wurde vom Dekanat zunächst beschlossen «die Zahnmedizin einzufrieren». Dies beinhaltete weitergehend die Forderung, den Anteil der Eigenfinanzierung zu erhöhen bei gleichzeitigen Einsparungen, Nichtbesetzung oder Nichtwiederbesetzung von Stellen, schaffen von Vakanzen bei minimalen Mobiliar-, Apparate- und Investitionsbudgets.

2003 kam die Idee auf, die zahnmedizinischen Einheiten der Universitäten Bern und Basel aus den medizinischen Fakultäten auszugliedern und eine eigene zahnmedizinische Fakultät Bern/Basel zu etablieren, um über sich eventuell ergebende Synergien weitere Einsparungen vornehmen zu können. Dieses Vorhaben wurde schliesslich von Bern abgelehnt, verständlich, nachdem die Berner Universitätszahnkliniken (in den Jahren der Basler Reduktion) mit einem Budget von 38 Mio. CHF ausgestattet, erweitert und aufgestockt worden waren.

Die augenblicklich im Raum stehende Anregung, die Basler öffentlichen zahnmedizinischen Institutionen (Universitätskliniken für Zahnmedizin, Schulzahnklinik, Volkszahnklinik) zu fusionieren, wurde in mehreren Kommissionen bearbeitet. Der früher immer wieder geäusserte Gedanke, dass die Aufgaben der Institutionen völlig verschiedene seien (Universität: Lehre und Forschung, öffentliche Zahnkliniken: soziale Patientenversorgung) wird unter dem Kostendruck zur Posteriorität, wenn es heisst: Weiterführung der universitären Zahnmedizin mit weniger Mitteln. Sollte dies realisiert werden, wäre die Einbindung der Zahnmedizin in den öffentlichen Dienst unter teilweiser Ausgliederung aus der autonomen Universität wieder Faktum - hoffentlich zu beidseitigem Vorteil.

Rückblickend auf die «Geschichte der Zahnmedizin» an der Universität Basel muss festgestellt werden, dass sich in den letzten 10 Jahren die Geschichte der ersten 100 Jahre komprimiert wiederholte. Die Zahnmedizin wurde immer als eine Art Fremdkörper gesehen, der seine Daseinsberechtigung ständig rechtfertigen und unter Beweis stellen musste. Die geographische Lage zwischen dem Universitätsgebäude (Kollegienhaus) und den Universitätskliniken hat Symbolcharakter:

Für die Universität war die Unterrichtsbasis «Patientenversorgung» ein Problem, welches ansonsten nicht zu ihren Aufgaben gehörte, für die medizinische Fakultät empfand sich die Zahnmedizin als eine «Quantité négligeable». Der Studiengang Zahnmedizin ist wie der Studiengang Medizin der Patienten¬versorgung gewidmet mit dem Unterschied, dass Zahnmedizinstudenten in Eigenverantwortung unter Anleitung zwei Jahre lang ihre eigenen Patienten behandeln müssen, was im Medizinstudium nicht der Fall ist. Als Unterrichtsstätte war die Zahnmedizin jahrzehntelang direkt dem Erziehungsdepartement unterstellt.

Nach Autonomisierung der Universität wurde die Zahnmedizin zum Spielball, zur Speerspitze und Prellbock aller nur denkbaren universitären Kostenreduktionsvarianten. Im Vordergrund standen hier nicht die Patientenversorgung, nicht die Lehre und nicht die Forschung, sondern die Administration und hier vor allen Dingen der Bereich der Finanzen.

Politisch zieht sich der Staat immer weiter aus der Verantwortung, für Kosten in den Bereichen Lehre und Forschung aufkommen zu wollen, die Krankenversicherungs-unternehmen stehlen sich gleichzeitig aus der Verantwortung, die mit dem Erhalt der Gesundheit verbundenen Kosten adäquat zu übernehmen.
In der Öffentlichkeit ist viel zu wenig bekannt, dass Zahnmedizinstudenten eigen¬verantwortlich ihre Patienten behandeln und die Dozenten dafür gerade stehen müssen und zwar nicht nur für die Fehler der Studierenden. In die theologische Fakultät z.B. übertragen, bedeutet dies, dass Studierende während ihres Studiums Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen selbständig unter Anleitung ihres Professors durchführen müssen. Der Professor hat aber gleichzeitig noch eine Kirche oder ein Münster und eine grosse Gemeinde administrativ und finanziell zu leiten. In der juristischen Fakultät müssten die Studierenden zivilrechtliche oder strafrechtliche Prozesse aktiv begleiten, die Professoren wären zusätzlich verantwortliche Richter höherer Gerichte.

Trotz aller Widrigkeiten ist der Studiengang Zahnmedizin in Basel bis zum heutigen Tag erhalten geblieben und scheint augenblicklich auch nicht in Frage gestellt zu sein. Die Lehre ist anspruchsvoll. Sie läuft national und international auf vergleichbarem Niveau. In einem von der Deutschen Wochenzeitung «Die Zeit» herausgegebenen Ranking belegt Basel unter 43 deutschsprachigen zahnmedizinischen Ausbildungsinstituten den 5. Rang.

 

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Materialien


Quellen

  • LinkErzählte Erfahrung. Alumni der Medizinischen Fakultät der Universität Basel, (Red.: Michael J. Mihatsch, René Fröscher), Basel 2005.

Literatur

  • Friedrich Miescher-His, Medizinische Fakultät, Die Medizinische Facultät in Basel und ihr Aufschwung unter F. Plater und C. Bauhin. Zur vierten Säcularfeier der Universität Basel, Basel 1860.
  • Albrecht Burckhardt, Geschichte der Medizinischen Fakultät zu Basel 1460-1900, Basel 1917.
  • Edgar Bonjour, Die Universität Basel von den Anfängen bis zur Gegenwart 1460-196, Basel 1960.
  • Lehre und Forschung an der Universität Basel, dargestellt von Dozenten der Universität Basel, Basel 1960.
  • Professoren der Universität Basel aus fünf Jahrhunderten. Bildnisse und Würdigungen, hrsg. von Andreas Stähelin, Basel 1960.