Die Pädiatrie oder die Kinder- und Jugendmedizin ist
die Lehre von den Erkrankungen des kindlichen und jugendlichen
Organismus, seinen Entwicklungsstörungen, den Fehlbildungen sowie deren
Behandlung und Prävention.
Im alten Indien, wo der berühmte Kinderarzt Jivaka wirkte, gab es die Bezeichnung «Kinderarzt» angeblich schon um 500 vor Christus. Hippokrates von Kos (460-377 v. Chr.) und seine Schüler Celsus (1. Jahrhundert v. Chr.), Soranus von Ephesus (etwa 100 n. Chr.) und Laennos von Pergamon (130-201 n. Chr.) berichteten von Krankheiten des Kindesalters und von der Säuglingspflege. Im 6. und 7. Jahrhundert überlieferten die byzantinischen Ärzte das geistige Erbe der griechisch-römischen Medizin und damit auch die Kenntnisse über die Kinderheilkunde an die arabischen Ärzte der damals aufblühenden islamischen Kultur. Im deutschsprachigen Raum sprach der Augustinermönch Abraham a Santa Clara (1644-1709) erstmals von «Kinderärzten». Die Pädiatrie konnte sich hier aber erst im vorletzten Jahrhundert als eigenständige medizinische Disziplin so richtig durchsetzen.
Über die Anfänge der Pädiatrie in Basel
Theodor Zwinger II (1658-1724), in der damaligen Zeit der angeblich
beliebteste Arzt in «Stadt und Land» sowie Professor für Anatomie und
praktische Medizin an unserer Universität, erachtete die Behandlung von
Kinderkrankheiten als medizinisches Sondergebiet, wie es seinem Werk
«Paedojatreia practica» zu entnehmen ist. Hier tauchte zum ersten Mal
der Begriff «Pädiatrie» auf. Zwingers Schrift gehört damit zu den
ersten Nachschlagswerken über Kinderheilkundeund war für die Geschichte
der Medizin unserer Stadt ein sehr beachtenswertes Ereignis. Schon im
frühen 18. Jahrhundert wurden Kinder ins Basler Bürgerspital
aufgenommen und seit etwa 1747 gab es dort eine für die Kinderbetreuung
angestellte so genannte «Kalte Mutter». Eine Hebammenschule wurde 1771
eröffnet.
Bei der Reorganisation der Universität während der Jahre 1817-1830
lehrten die Dozenten Emanuel Raillard (1797-1880) und Ludwig Imhof
(1801-1868) Kinderheilkunde.
Anna Elisabeth Burckhardt-Vischer (1783-1857) richtete 1846 im
Nebenhaus ihres Wohnsitzes an der St. Johanns-Vorstadt 23 – dort, wo
heute die Schanzenstrasse einmündet – ein kleines Spital für kranke
Kinder ein. Dieses befand sich somit fast am Standort des künftigen
Universitäts-Kinderspitals beider Basel (UKBB). Sie selbst hatte die
Oberaufsicht. Die ärztliche Leitung überliess sie dem mit ihr
verwandten Arzt Carl Streckeisen-Ehringer, der nach Weiterbildungs- und
Wanderjahren 1844 nach Basel zurückkehrte, um hier seine Praxis wieder
aufzunehmen, die auch ärmeren Kreisen offen stand. Er wurde Dozent an
der hiesigen Universität, Lehrer am Missionshaus, Waisenhausarzt und
Stellvertreter des Professors für Chirurgie. 1852 ernannte man ihn zum
ausserordentlichen Professor. Als Elisabeth Burckhardt-Vischer 1857
starb, wurden die sechs kleinen Patienten ihres damaligen «Spitäli» ins
Diakonissenspital nach Riehen verlegt.
Die erste Kinderklink in der Schweiz: Das Kinderspital am rechten Rheinufer und die Ära Streckeisen
Streckeisens Anregung, ein eigentliches Kinderspital zu errichten, ging
von dem von ihm wahrgenommenen Bedürfnis nach einer verbesserten
Behandlung von Infektionskrankheiten und von Fehlbildungen, speziell
der orthopädisch zugänglichen Behinderungen, aus. Am 29. April 1852
wurde durch Frau Anna Elisabeth Burckhardt-Vischer und deren Schwester,
Charlotte His-Vischer, die Stiftung «Kinderspital in Basel» errichtet.
Sie setzten das Kinderspital zum Nacherben auch ihrer dritten Schwester
Juliana Birmann-Vischer ein. Nach dem Tod der drei Stifterinnen, den 3
kinderlosen Töchtern des Ratsherren Peter Vischer aus dem «blauen
Haus», wurde dank dem von ihnen vermachten Vermögen ein geeignetes
Grundstück am rechten Rheinufer erworben und unter Leitung des
Architekten Daniel Burckhardt der Spitalbau gemäss den von Prof.
Streckeisen sorgfältig erarbeiteten Vorgaben realisiert. Es war die
erste Kinderklinik der Schweiz. Die Gebäulichkeiten galten über lange
Zeit als Musterbau für ein Kinderspital. Die Einweihung erfolgte am 2.
Januar 1862.
Umorganisatioen des Kinderspitals unter Eduard Hagenbach
Carl Streckeisen verstarb im August 1868. Sein Nachfolger wurde Eduard
Hagenbach-Burckhardt (1840-1917), sowohl als Leiter des Kinderspitals,
als auch als Dozent für Kinderheilkunde. 1872 ernannte man ihn zum
Extraordinarius; von 1888 bis zu seinem Rücktritt im Jahre 1912 war er
Ordinarius. Neben seinen vielseitigen Aktivitäten in verschiedensten
Gremien und Institutionen der Stadt, inkl. dem Grossem Rat, fand er
Zeit, sich wissenschaftlich vorzugsweise mit Infektionskrankheiten,
aber auch mit Botanik zu beschäftigen. Die während seiner Zeit durch
Assistenten und Doktoranden verfassten Publikationen sprechen für die
vielseitigen Interessen und die anregende Art Hagenbachs.
Unter Hagenbach nahm die Zahl der kleinen Patienten sehr zu. Eine
Umorganisation des Kinderspitals wurde unumgänglich. Die
Rekonvaleszentenstation musste aufgelöst werden; deren Aufgaben hatten
von nun an Sanatorien und Kinderheime zu übernehmen.
Bereits lange vor der Gründung der allgemeinen Poliklinik für
Erwachsene im damaligen Bürgerspital wurde seit 1865 am Kinderspital
eine solche für Kinder betrieben. Diese leitete ab 1867 der so genannte
«Hilfsarzt» Dr. Joseph Fahm. Fast die Hälfte der kleinen Patienten
stammte damals aus Deutschland.
Ära Wieland
Nachfolger Hagenbachs wurde Prof. Emil Wieland-Burckhardt (1876-1960).
Die Expertenkommission der Kuratel schlug vorerst Emil Feer aus Zürich
als dessen Nachfolger vor. Dieser lehnte die Berufung jedoch ab, weil
man auf seine Forderungen nicht einging. Wieland kannte das
Kinderspital wie kein anderer, hatte er schon seit langem dort
gearbeitet. Während vieler Jahre unterhielt er zudem eine Privatpraxis
für die Arbeiterquartiere der Breite und in Birsfelden. Er wurde vom
Regierungsrat gewählt. Ab Januar 1913 wird die Kinderheilkunde im
praktischen Teil des Staatsexamens mit einer Note berücksichtigt; sie
ist nun ein obligatorisches Lehrfach.
1930-32 wurde das ursprüngliche Kinderspital baulich erweitert.
Wieland, mittlerweile bereits 60-jährig, übertrug man neben seiner
langjährigen Funktion des Chefarztes gleichzeitig auch diejenige eines
Direktors des Kinderspitals. Am 3. Juli 1934 schufen die
Einwohnergemeinde Basel-Stadt und die Stiftung Kinderspital in Basel
die Gemeinschaft «Basler Kinderspital» als öffentlich-rechtliche
Anstalt. Damit wurde das Kinderspital sowohl zur Heilanstalt für kranke
Kinder wie auch zum klinischen Unterrichtsinstitut der Universität.
Ernst Freudenberg. Erster Ordinarius für Pädiatrie
Als 1938 Emil Wieland von seinen Ämtern zurücktrat, wurde Prof.
Ernst Freudenberg (1884 - 1986), Prof. für Kinderheilkunde an der
Universität Marburg an der Lahn, zu seinem Nachfolger ernannt. Das neue
Universitätsgesetz von 1937 sah mittlerweile auch für Pädiatrie einen
Lehrstuhl mit Ordinarius vor. Freudenbergs fruchtbare Tätigkeit in
Marburg war 1937 durch eine zwangsweise Emeritierung wegen der nicht
arischen Abstammung seiner Frau beendigt worden. Seine Wahl nach Basel
erwies sich als ausserordentlich glücklich. Seine Forschung über
Rachitis und Tetanie, über die Ernährung des Kindes oder über
Stoffwechselkrankheiten verliehen Freudenberg einen internationalen Ruf
und brachten ihm zahlreiche Ehrungen ein. Er förderte die
Zusammenarbeit mit Instituten und Kliniken innerhalb und ausserhalb
Basels und übernahm die Redaktion des «Jahrbuches für Kinderheilkunde»,
der ältesten kinderärztlichen Zeitschrift, die er zu den international
anerkannten «Annales Paediatrici» umgestaltete. Er förderte
wissenschaftlich orientierten Mitarbeiter und deren Spezialgebiete
gezielt. Bei seinem Rücktritt im Jahre 1954 gab es am Kinderspital
Basel bereits eine Reihe von gut etablierten Spezialgebieten wie
Infektiologie (Prof. Erwin Berger, Dr. Max Just, PD Franz Hauser),
Neonatologie (PD Markus Vest und Dr. Herbert J. Kaufmann), Kardiologie
(PD Samuel Buchs), Nierenkrankheiten (PD Gerhard Stalder), Stoffwechsel
und Ernährungsstörungen (PD Heribert Berger), Röntgen (PD Herbert J.
Kaufmann). Die Poliklinik wurde 1954 in einem neuen Flügel des Spitals
an der Römergasse untergebracht.
Ära Hottinger
Adolf Hottinger (1897-1975), für den sich bereits als Nachfolger von
Wieland Ärzte der Stadt und des Klinikverbandes stark gemacht hatten,
pflegte nach der Wahl Freudenbergs mit dem Kinderspital und dessen
Laboratorien weiterhin eine fruchtbare Zusammenarbeit. 1954 wurde ihm
dann das Ordinariat für Pädiatrie übertragen. Am 1. Oktober übernahm er
die ärztliche Leitung des Spitals sowie die Chefarztstelle. Der auch
künstlerisch interessierte, fest in Basel verwurzelte einstige Zürcher
Bankierssohn vermochte durch seine frei und geistreich vorgetragenen
Vorlesungen zu faszinieren. An den Nachmittagen betrieb er eine
Privatpraxis in seinem schönen Haus am Petersplatz. Unter seiner
Leitung weitete sich das Kinderspital beachtlich aus. Besonders
hervorzuheben sind in seiner Ära die Angliederung einer
kinderpsychiatrischen Abteilung und eine fruchtbare Zusammenarbeit mit
den Vertretern der Randgebiete der Kinderheilkunde. Hottinger war 1961
Dekan der medizinischen Fakultät.
Viele Anekdoten gäbe es über Prof. Adolf Hottinger mit seiner
dynamischen, aufgeschlossenen Persönlichkeit zu erzählen. Während die
meisten Professoren den Studierenden im Alltag eher reserviert
begegneten, erkannte er schon von weitem die ihm aus der Vorlesung
bekannten Gesichter und grüsste stets freundlich: «Guten Tag Herr
Kollega!». Das tat gut! Im Chromosomenlabor hatten wir eine
Abwaschfrau, eine allein erziehende Mutter dreier Kinder. Als Hottinger
geraume Zeit nach seiner Emeritierung sie dort wieder einmal antraf,
erkundigte er sich spontan: « Wie geht es ihren Kindern?», da er
intuitiv erfasste, dass diese feste Frau mehrere Kinder haben musste.
Mit Tränen in den Augen musste sich diese setzen und sagte «Denken Sie,
der Herr Professor hat immer noch gewusst, dass ich drei Kinder habe.»
Auch das Schwärmen der Basler Mütter für den charmanten
Kinderarzt-Professor Hottinger ist mir schon früh einmal aufgefallen.
1961 wurden systematische «Staff-Meetings», 2 - 4 mal pro Woche,
eingeführt, um mit der Ärzteschaft theoretische und praktische Fragen
der Kinderheilkunde zu diskutieren. Am 14. Juni 1962 fand eine
eindrucksvolle Gedenkfeier zum 100. Geburtstag des Kinderspitals statt,
an die sich vom 15. – 17. Juni 1962 der Kongress der Schweizerischen
Gesellschaft für Pädiatrie anschloss. Wo ursprünglich ein Chefarzt und
ein Assistent gearbeitet hatten, wirkten mittlerweile 2 Chefärzte und
etwa 40 ärztliche Mitarbeiter.
1964 wurde der Oberarzt Prof. Heribert Berger zum Ordinarius für
Pädiatrie nach Innsbruck berufen und sein Namenvetter Prof. Erwin
Berger trat als Leiter des Rhesus-, Virus- und bakteriologischen Labors
zurück.
Nachdem am 1. Januar 1965 die Verstaatlichungsbeschlüsse rechtskräftig
wurden, musste das Spital organisatorisch in die entsprechenden
staatlichen Strukturen integriert werden, was erst im Folgejahr
abgeschlossen werden konnte.
Täglicher Besuch für Kinder im Spital: Die Ära Gerhard Stalder
Hottinger trat am 1. April 1968 von seinem Amt zurück. Mit Gerhard
Stalder wählte die Regierung einen langjährigen engen Mitarbeiter zum
neuen Chefarzt für Pädiatrie samt Ordinariat und zum Spitaldirektor.
Mit der neuen Möglichkeit, ihre Kinder täglich besuchen zu dürfen,
führte er gleich eine wirkungsvolle Neuerung ein, die das Misstrauen
der Eltern gegenüber einem Spitalbetrieb merklich abbaute.
Auf Veranlassung des neuen Klinikdirektors schaffte man mehrere
leitende Stellen. Prof. Markus Vest und Dr. Ulrich Bühler wurden zu
stellvertretenden Direktoren, Dr. Kurt Weisser zum Leiter der Abteilung
für atmungsgestörte Kinder und Dr. Hans Ruedi Hirt zum Leiter der neu
eingerichteten kinderneurologischen Abteilung sowie Dr. Hugo Wick, Dr.
Markus Rutishauser und Dr. Jörg Sartorius im Verlaufe des Jahres 1967
zu klinischen Oberärzten ernannt und letztere 1974 zu Spezialärzten für
ihre Spezialgebiete (Stoffwechselkrankheiten, Atmungsstörungen,
Hämatologie/Onkologie) befördert.
Im Jahre 1970 rückte die Planung einer weiteren Sanierung des
Kinderspitals in Sichtweite. Im gleichen Jahr erhielt Dr. Felix Wyler
eine Venia docendi für Pädiatrie. Zudem wurde ihm die Leitung der
kardiologischen Abteilung übertragen. Die Universität beförderte PD
Herbert J. Kaufmann zum ausserordentlichen Professor.
Weitere Veränderungen im Etat der leitenden Ärzte waren im Jahre 1971
zu vermelden. Dr. Jürg Girard wurde Privatdozent, ebenso Dr. Bruno
Herzog (siehe Chirurgie). Die basellandschäftliche Regierung wählte
Prof. Markus Vest zum Chefarzt der künftigen Kinderklinik im
Kantonsspital Bruderholz. 1972 wurden PD Jürg Girard sowie Dr. Franz
Egli zu Abteilungsleitern befördert. PD Max Just, Leiter der
Infektionsabteilung und des virologisch-immunologischen Laboratoriums,
der sich 1967 habilitierte, ernannte die Regierung BS 1973 zum
ausserordentlichen Professor.
In den Jahren 1975-1976 war Prof. Stalder Dekan der Medizinischen
Fakultät. 1975 wurde PD Michael Stahl, Oberarzt der pädiatrischen
Klinik, zum künftigen Chefarzt des Kinderspitals Lörrach gewählt. 1976
erlag Dr. Kurt Weisser erst 52-jährig den Folgen einer Tumorkrankheit.
Er hatte neben anderem grosse Verdienste für die Behandlung von Kindern
mit Poliomyelitis und Pseudocroup. Als einer der ersten erkannte er,
der schon 1964 am Kinderspital eine Intensivbehandlungsstation für
Neugeborene und Frühgeburten einrichtete, die Gefährlichkeit der
Sauerstoffvergiftung. 1977 wurden Dr. Franz Egli, Dr. Per-Walter Nars
sowie Dr. Dieter Bürgin (siehe Kinderpsychatrie) zu Privatdozenten
ernannt, und Per-Walter Nars zum Abteilungsleiter für Neonatologie am
Kinderspital und in der Frauenklinik gewählt.
Am 19. Juni 1979 verstarb Dr. Jörg Sartorius, der sich mit grossem
Engagement um die neuesten und wirksamsten Behandlungen seiner kleinen
tumorkranken Patienten bemühte, sich aber auch mit aussergewöhnlichem
Einfühlungsvermögen und dem ihm eigenen psychologische Geschick um sie
wie auch ihre Angehörigen kümmerte. Zu seinem Nachfolger wurde Dr.
Erich Signer vorgeschlagen, dem man vor Antritt seiner neuen Aufgaben
noch die Möglichkeit gab, sich während eines Jahres in der
pädiatrischen Onkologie weiterzubilden. In der Übergangzeit leitete Dr.
Annette Lüthy, unterstützt von Dr. Paul Imbach, Bern, die onkologische
Abteilung. Die Gastroenterologie erschien im Jahresbericht als
eigenständige Disziplin. In der Folge ist ein rascher Wechsel der für
diese Spezialdisziplin zuständigen Ärztin/des zuständigen Arztes
festzustellen, für die heute Dr. Raoul Furlano zuständig ist.
1981 erhielt Prof. Jürg Girard den Wissenschaftspreis der Stadt Basel.
Man anerkannte damit seine Leistungen im Hinblick auf den Nachweis von
Hormonen in allerkleinsten Mengen in Blut und anderen
Körperflüssigkeiten mittels radioimmunologischer Verfahren sowie auf
die Ausarbeitung von schonenden, kinderfreundlichen Labormethoden zur
Diagnose endokriner Störungen.
Per 1. Januar 1982 wurde die 50% Stelle eines Spitalapothekers
geschaffen und diese Frau Dr. Regine Buxdorf übertragen. Die ungarische
Kinderärztegesellschaft ernannte Prof. Stalder zu ihrem Ehrenmitglied.
Zudem erfuhr man von Plänen, das Kinderspital in den Nordtrakt des
damaligen Frauenspitals zu verlegen. Da dies frühenstens in den 90iger
Jahren möglich sein sollte, bewilligte der grosse Rat im Januar 1983
eine Teilkreditzusprache in der Höhe von 4,7 Millionen SFr. zur
Sanierung des bisherigen Kinderspitals am Rhein. Die Sanitätsdirektoren
der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft bekundeten zudem die
Absicht, ihre beiden Kinderspitaler zusammenlegen zu wollen. Dr. Hugo
Wick, seit 1982 Mitglied der Kuratel unserer Universität, wurde 1983 in
den Nationalrat gewählt.
1984 erhielt Regula Baumgartner den Fanconi-Gedenkpreis für Pädiatrie.
Die Süddeutsche Gesellschaft für Kinderheilkunde ernannte Prof. Stalder
zum Ehrenmitglied. Im Verlaufe des Berichtsjahrs wurden die
Privatdozenten Per-Walter Nars und Franz Egli zu ausserordentlichen
Professoren befördert.
PD Faruk Hadziselimovic, der 1989 zum ausserordentlichen Professor
befördert wurde, ernannte man 1986 zum Leiter einer neuen Abteilung für
Gastroenterologie und Elektronenmikroskopie.
Das Jahr 1988 war durch die regionale Planung der kindlichen
Spitalversorgung und die Zusammenlegung der beiden Kinderspitäler BS
und BL gekennzeichnet. Ein regionales Universitäts-Kinderspital im
Kantonsspital Bruderholz wurde durch die politischen
Verantwortungsträger favorisiert, wogegen sich die ärztlichen
Repräsentanten des Spitals am Rhein wehrten. Im April 1989 kam eine
baselstädtische «Initiative zur Rettung des Basler Kinderspitals»
zustande, die verlangte, dass das Kinderspital im Kanton BS verbleibt.
Mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit wurde die Initiative angenommen. Im
September 1992 legte der Regierungsrat ein Grobkonzept vor, gemäss dem
das Kinderspital an die Schanzenstrasse verlegt werden sollte.
1989 trat PD Hans-Rudolf Hirt, Leiter der Neurologischen Abteilung in
den Ruhestand. Dr. Reinhard Bubel wurde sein Nachfolger. Am 1. Oktober
1990 eröffnete Prof. Jürg Girard in Basel eine Praxis für Kinder- und
Jugendmedizin, speziell Endokrinologie. Er privatisierte gleichzeitig
das von ihm aufgebaute Labor für die endokrinologische
Routinediagnostik, stand aber weiterhin als Konsiliararzt zur
Verfügung. 3 ½ Jahre nach dem altersbedingten Ausscheiden von Dr. chem.
Toni Brechbühler, der bereits am 1. September 1961 als Laborchef
angestellt worden war, wurde die Leitung der Kinderspital-Laboratorien
Dr. rer.nat. Brian Fowler übertragen. Fowler stammt aus Manchester,
U:K:, wo er nach dem Studium der Biochemie und nach einschlägiger
Weiterbildung, inklusive einer solchen an der Yale-Universität in
Humangenetik, USA, 1977 zum Leiter des Labors für
Stoffwechselkrankheiten des dortigen Kinderspitals avanciert war.
Ende 1992 trat Prof. Gerhard Stalder als ärztliche Direktor und
Chefarzt der pädiatrischen Klinik nach über 40 Dienstjahren im Basler
Kinderspital zurück. Bis zur Wahl eines Nachfolgers wurden Prof. Bruno
Herzog zum ärztlichen Direktor ai (ab 1.Januar.93 zum ärztlichen
Direktor) und Dr. med. Ulrich Bühler zum Chefarzt der Pädiatrischen
Klinik ai gewählt. Als Stellvertreter von Dr. Bühler ernannte man PD
Markus Rutishauser.
Prof. Faruk Hadziselimovic eröffnete eine kinderärztliche Praxis in
Liestal und im August 1995 die KTK Kindertagesklinik AG Liestal, blieb
aber vorerst konsiliarisch noch am Kinderspital tätig. Die
Onkologie-Pflegefachfrau, Schwester Rosmarie Meier-Hunziker, wurde von
der Basler Medizinischen Fakultät wegen ihre grossen Verdienste um
krebskranke Kinder mit dem Titel eines Dr. med. h.c. geehrt.
Ulrich Bühler und Hansjakob Müller organisierten im Juni 1992 zum
Abschied von Prof. Stalder ein sehr gut besuchtes internationales
Symposium, über die «Bedeutung der Gentechnologie für die Pädiatrie» im
Kongresszentrum des benachbarten Pharmakonzerns Roche. Die einzelnen
Sitzungen wurden durch die Pädiatrie-Ordinarien der schweizerischen
Universitäten geleitet.
Ära Schaad
Am 16. Februar 1993 wählt der Regierungrat Prof. Urs Beat Schaad zum
ordentlichen Professor für Pädiatrie und zum Chefarzt der Pädiatrischen
Klinik und Polikliniken. Er entstammt der Kinderklinik von Prof. Ettore
Rossi am Berner Inselspital. Nach einem zweijährigen Studien- und
Forschungsaufenthalt an der Southwestern Medical School in Dallas,
Texas, etablierte er in Bern die Abteilung für Infektionskrankheiten.
Seine Interessen gelten neuen antimikrobiellen Arzneimitteln, aber ganz
besonders der bakteriellen Meningitis, den Pseudomonas-Infektionen bei
Patienten mit zystischer Fibrose, der immunologischen Abwehr von
mikrobiellen Krankheitserregern und damit der Impfprophylaxe. 1989
ernannte ihn die Berner Universität zum ausserordentlichen Professor
für Pädiatrie. Am 5. Juli 1993 nimmt Schaad seine Tätigkeit in Basel
auf, wo er die Ziele der pädiatrischen Zentrumsklinik neu definiert. Am
1. Juni 1996 wird er ärztlicher Direktor des gesamten Basler
Kinderspitals.
PD Paul Imbach und PD Markus Rutishauser werden 1993 zu
ausserordentlichen Professoren befördert. Letzterer erhält zudem einen
Lehrauftrag für Pulmonologie. Dr. Urs Zumsteg übernimmt die Abteilung
für Endokrinologie und Diabetologie. 1994 erhält Dr. Christoph Rudin
die Venia docendi für Pädiatrie; im Januar 2001 wird er zum
Titularprofessor befördert.
1994 ist für die Pädiatrische Universitätsklinik ein wichtiges Jahr:
Neuerungen und Umstrukturierungen betreffen einerseits die
Dienstleistung, anderseits auch die Lehre und die Forschung. 1994 führt
Professor Schaad die sehr anregende jährliche Forschungstagung des
Basler Kinderspitals ein. Prof. Max Just geht am 31. Juli 1994 nach
über 30-jähriger Tätigkeit am Basler Kinderspital in Pension. PD Harald
Bode folgt nach 6-jähriger Tätigkeit in Basel dem Ruf einer
C3-Professur in Sozialpädiatrie und Neuropädiatrie an die
Universitäts-Kinderklinik Ulm.
Im Jahre 1995 erfährt der Mittelbau der Pädiatrischen Kliniken und
Polikliniken bemerkenswerte Verstärkungen: Dr. Hans-Peter Senn wird am
1. Januar Laborleiter im Hämatologie-Onkologie Labor. Am 1. April
nehmen Dr. Georg A. P. Holländer als Oberarzt für Immunologie mit
Schwerpunkt Forschung und am 1. Juni Dr. Daniel Desgrandschamps als
Oberarzt und Leiter des Bereichs Infektiologie-Vakzinologie ihre
Tätigkeit auf. Am 1. Oktober wird Dr. Dieter Bolz Oberarzt für
allgemeine Pädiatrie, Kardiologie sowie Rheumatologie und am 1.
November 1995 Dr. Jürg Hammer Oberarzt des Bereichs
Intensivpflege/Pneumologie. Letzterer erhält im November 1998 die venia
docendi für Pädiatrische Pneumologie und wird 2004 zum Titularprofessor
befördert.
Auch im Jahr 1996 ist einiges unter «Personelles» zu vermelden. Dr.
Ulrich Bühler tritt am 31. Januar in den Ruhestand. Sein Nachfolger als
Chefarzt-Stellvertreter wird Dr. Urs Zumsteg. Prof. Felix Wyler,
leitender Arzt für Herzkrankheiten, wird am 30. April pensioniert.
Seine Nachfolgerin wird Dr. Joelle Günthard. Dr. Erich Signer tritt am
31. Mai zurück. Leitender Arzt für Hämatologie und Onkologie wird Prof.
Paul Imbach. Die Pensionierung von Dr. Regula Baumgartner-Morf,
stellvertretende Leiterin der Abt. für Stoffwechselkrankheiten, erfolgt
am 31. Oktober; sie bleibt aber weiterhin als Konsiliaria am
Kinderspital tätig. Schliesslich geht Prof. Franz Egli am 30. November
in den Ruhestand. Prof. Markus Rutishauser übernimmt von ihm die
Leitung der Pädiatrischen Poliklinik und PD Christoph Rudin die
Funktion des leitenden Arztes für Nephrologie.
1997 haben sich Dr. Joelle Günthard, Dr. Brian Fowler sowie Dr. Georg
A. Holländer habilitiert. Dr. Hugo Wick geht nach 35-jähriger Tätigkeit
am Kinderspital per Ende Mai 1998 in Pension. Als neue Fachärzte treten
Ende Juni 1998 Dr. Peter Weber für
Neuropädiatrie/Entwicklungsneurologie und PD Ulrich Heininger für
Infektiologie/Vakzinologie ins Kinderspital ein.
Universitätskinderspital beider Basel (UKBB) in der Ära Schaad
Ende 1995 fällen die Regierungsräte beider Basel den Grundsatzentscheid
für die Zukunft zwei Kinderspitäler unter gemeinsamer Führung
vorzusehen; am 1. Januar 1999 soll das neue Universitäts-Kinderspital
BS/BL mit zwei Standorten als selbständige öffentlich-rechtliche
Anstalt mit eigener Trägerschaft tätig werden
Mit dem Zusammenschluss der Kinderklinik des Kantonsspitals Bruderholz
mit dem Basler Kinderspital zum Universitäts-Kinderspital beider Basel
(UKBB) beginnt am 1.Januar 1999 somit ein neues Kapitel in der
Geschichte der Kinderheilkunde der Regio Basiliensis. Im August 2001
wird der Entscheid gefällt, dass das künftige UKBB auf dem
Schällenmätteli in Basel errichtet werden soll, nachdem die
Neugeborenenabteilung bereits am 1. August 2001 in die unmittelbare
Nähe der alten Universitätsfrauenklinik gezügelt ist. Das
Perinatalzentrum auf dem Bruderholz wird weiterhin unterhalten. Am 10.
Mai 2005 genehmigen die beiden Regierungen der Kantone Basel-Stadt und
Basellandschaft eine gemeinsame Parlamentsvorlage über einen Baukredit
in der Höhe von 149,3 Mio CHF. Diese wird im Herbst vom Grossen Rat und
Landrat gutgeheissen.
Schlankere, übersichtliche Jahresberichte werden im UKBB-Zeitalter
verfasst. Prof. Urs B. Schaad nimmt im UKBB die Positionen des
Ärztlichen Direktors und des Chefarztes Pädiatrie ein, Prof. Jürg
Lütschg, der frühere Chefarzt der Kinderklinik im Bruderholzspital,
diejenige des Co-Chefarztes. Per 30. September 1999 wird PD Jürg Hammer
Nachfolger von Prof. Markus Rutishauser als leitender Arzt für
Pneumologie und PD Georg A. Holländer übernimmt auf den 16. September
1999 die neu geschaffene Stelle des Leiters Bereich Forschung des UKBB.
Per 1. März 2000 erfolgt die interne Beförderung von Georg Holländer
auf das ebenfalls neu geschaffene Extraordinariat für «Klinische
Forschung, speziell Kinder- und Jugendmedizin». Am 7. November 2003
befördert ihn der Universitätsrat zum Ordinarius für Molekulare Medizin
in der Pädiatrie. Dr. Urs Zumsteg überträgt man am 1. November 1999 die
Funktionen eines leitenden Arztes für Endokrinologie und Ambulante
Pädiatrie. 2002 erhält er die Venia docendi für Pädiatrische
Endokrinologie. Im gleichen Jahr werden Dr. Thomas Kühne zum
Privatdozenten für Pädiatrische Onkologie/Hämatologie sowie PD Joelle
Günthard und PD Ulrich Heininger zu Titularprofessoren befördert. Die
Professoren Paul Imbach und Per W. Nars treten in Pension. Am 2.
September 2004 geht Dr. Reinhard Bubl in den Ruhestand, der 1979 ans
Kinderspital kam und 1988 die Leitung der Neuropädiatrie übernahm.
Das Jahr 2005 ist wiederum durch wichtige Nachfolgeverfahren
gekennzeichnet. Prof. Dr. Christoph Bührer wird Extraordinarius für
Neonatologie und Leiter der entsprechenden Abteilung. Der berufliche
Werdegang brachte ihn über Freiburg im Breisgau, Hamburg, Hannover, New
York schliesslich nach Berlin, wo er den Fall der Mauer miterlebte.
Prof. Jürg Schwaller aus Genf erhält die Gertude von Meissner-Professur
für kindliche Leukämien. Prof. Michael Paulussen, Oberarzt und
Privatdozent am Universitätsklinikum Münster,wird per 1. August 2005
zum Extraordinarius und Abteilungsleiter für Pädiatrische
Hämatologie/Onkologie ernannt.
Die medizinische Fakultät wählt 2005 Prof. Schaad als Vorsteher der
neuen universitären Gliederungseinheit 8 (Kinder- und Jugendheilkunde)
und Frau Prof. Joelle Günthard zu Mitgliedern in die neue 15-köpfige
Fakultätsleitung. Prof. Franz Frei ist Mitglied der
Habilitationskommission, Prof. Peter Miny Mitglied der
Titularprofessorenkommission.