Im historischen Stachelschützenhaus, ein Gebäude am Petersplatz, befindet sich seit Ende des vorletzten Jahrhunderts die ehemalige Hygienische Anstalt respektive das heutige Institut für Medizinische Mikrobiologie. Der Wandel der Bezeichnung – von Hygiene zu Mikrobiologie – spiegelteinen grundlegenden inhaltliche Wende innrehalb des Fachs wider.
Seit 1894 fungierten für das Fach Hygiene/Mikrobiologie fünf Professoren als Ordinarien: Albrecht Burckhardt (1894-1923), Richard Doerr (1919-42), Joseph Tomcsik (1943-1964), Hans Löffler (1965-1985) und Christoph Moroni (1987-2008). Der erste Lehrstuhlinhaber, Albrecht Burckhardt, hatte neben seinen akademischen Aufgaben noch Schulärztliche Verpflichtungen und beratende Funktion im öffentlichen Sanitätswesen. Sein Nachfolger, Richard Doerr, widmete sich inteniv der bakteriologischen Forschung und führte das Basler Institut zu internationalem Ansehen.
Professoren seit 1965 und ihre Forschung
Professor Hans
Löffler, ein medizinischer Virologe klassischer Prägung mit Ausbildung
als Internist und Infektiologe, leitete das Institut für Mikrobiologie
und Hygiene, wie es damals hiess, von 1965–1985. In dieser Zeit fand
neben der etablierten Bakteriologie (PD Dr. M. Gasser) die
Elektronenmikroskopie neu Eingang in die Virologie (PD Dr. K. Bienz),
und mit der Serologie wurde die Immunologie (PD Dr. P. Erb)
bedeutungsvoll für Diagnostik und Forschung. Beim Rücktritt von
Professor Löffler setzten sich Fakultät und obere Behörden einmal mehr
mit der Frage auseinander, ob das Institut weiterhin dem
Erziehungsdepartement unterstellt bleiben oder nicht eher ins damalige
Kantonsspital integriert und damit dem Sanitätsdepartement unterstellt
werden sollte. Man entschied sich für das Erziehungsdepartement und
damit für die verwaltungsmässige Integration in die Universität,
wodurch zum Ausdruck gebrachtwurde,dass das Fach und seine Methodik vor
einem Umbruch standen und die Zukunft weiter forschungsorientiert sein
soll.
Mit der Wahl von Christoph Moroni zum Institutsvorsteher und Ordinarius für Medizinische Mikrobiologie (1987) wurde ein Retrovirologe berufen, der in Basel Medizin studiert und anschliessend am Salk Institute in La Jolla (Kalifornien, USA) sich als Postdoktorand in Immunologie und Tumorvirologie ausgebildet hatte. Seit 1971 war er Forschungsgruppenleiter am Basler Friedrich Miescher Institut, arbeitete über Krebsentstehung durch Tumorviren und habilitierte sich 1983 an der Basler Fakultät. Sein Arbeitsgebiet waren virale Krebsgene (Onkogene), erforscht mit den damals neuen Methoden der Molekularbiologie und Gentechnik. Nach seiner Berufung baute er am Institut eine Tumorvirologie Gruppe auf und studierte experimentelle Onkologie. Im Zentrum des Interesses standen Krebsgene (Onkogene), Zytokine, und ihr Einfluss auf die Regulation der Gene, besonders der Stabilität der mRNA. Aus seiner Forschung «exportierte» er die damals neue Polymerase Chain Reaction (PCR) Technik in die Diagnostik des Hauses, und begründete das neue Labor für Molekulare Diagnostik, welches anfänglich unter der Leitung von PD Dr. Th. Klimkait stand, und später unter Professor Hans Hirsch, der 2004 als Nachfolger von Prof. K. Bienz als Extraordinarius berufen worden war.
Abteilungs- und Forschungsgruppenleiter am Institut waren für lange Jahre Prof. Kurt Bienz, seit 1983 Extraordinarius für Virologie, und Professor Peter Erb, seit 1985 Extraordinarius für Immunologie. Professor Bienz hatte schon unter Professor Löffler die Elektronenmikroskopie aufgebaut und weiter entwickelt, und kombinierte in seiner Forschung elektronen-optische Verfahren mit Techniken der Molekularbiologie, um ein gültiges Modell der komplexen Replikation von bestimmten RNA Viren, speziell Poliovirus und Hepatitis C Virus, zu entwickeln. Diese Arbeiten hatten einen beachtlichen internationalen Einfluss. Professor Bienz emeritierte 2003, zu seinem Nachfolger wurde 2004 PD Dr. Hans H. Hirsch, damals klinischer Virologe am Universitätsspital Basel, gewählt.
Professor Peter Erb, ehemals Doktorand bei Hans Löffler, hatte sich
am University College London zum Immunologen ausgebildet, mit
Habilitation an der Basler Fakultät in Immunologie in 1977. 1981 wurde
er zum Nachfolger von Prof. E. Sorkin, dem ersten Dozenten des Faches
Immunologie in Basel, gewählt. Seine Forschung führte ihn vom Studium
derMakrophagen und T-Lymphozyten, Schlüsselzellen des Immunsystems, zu
Mechanismen, wie diese Zellen Viren bekämpfen, aber auch Tumorzellen
eliminieren. Seine Forschung betraf immunologische Mausmodelle wie auch
Mechanismen, die im menschlichen Hautkrebs wirksam sind. Er publizierte
daneben extensiv über Fragen der klinischen Mikrobiologie und
Serologie. Er emeritierte 2007, der Strukturbericht der Fakultät
empfahl, die Stelle im gleichen Fachbereich beizubehalten.
Professor Hans H. Hirsch,Nachfolger von Kurt Bienz, hatte eine
Ausbildung in Biochemie, Tumorvirologie, und molekularer virologischer
Diagnostik und habilitierte 1997 am Institut. Es folgte eine klinische
Ausbildung in Basel zum FMH für innere Medizin und Infektiologie, 2004
übernahm er als Extraordinarius das Labor für Molekulare Diagnostik. In
seiner Forschung studierte er bestimmte Polyomaviren, welche ursächlich
verantwortlich sind, dass Nierentransplantate abgestossen werden. Die
heutigen Erkenntnisse zu dieser klinisch wichtigen Tatsache stammen
wesentlich aus seinen eigenen Arbeiten in Basel, er gilt als opinion
leader in diesem wichtigen Nischengebiet.
Die ursprünglich auf 2007 vorgesehene Emeritierung von Prof. Ch. Moroni wurde durch einen Strukturbericht eingeleitet, der nach neuartiger Idee der oberen Behörden von einer gemeinsamen Kommission Basel-Bern zu begutachten war. Ob diese «Zusatzschlaufe» in einem Berufungsverfahren die Qualität lokal oder national verbessern und sich allgemein etablieren wird, mag die Zukunft entscheiden, sicher ist heute, dassAufwand wie Verzögerung enorm waren. So wurde schliesslich die Amtszeit des Ordinarius um über zwei Jahre verlängert, die Fakultät erstellte eine Dreierliste, und gegenwärtig (2008) verhandelt das Rektorat mit dem primo loco Kandidaten.
Mikrobiologische Dienstleistung
Das Institut ist vom Bundesamt für Gesundheitswesen (BAG) anerkannt als
mikrobiologisches und serologisches Laboratorium, auch fungiert es als
WHO/Euro Polio Network Laboratorium und war bereits für den Völkerbund
in beratender Funktion tätig. In den vergangenen zwanzig Jahren prägten
vor allem zwei Elemente die Entwicklung der Diagnostik am Institut: die
AIDS Epidemie, sowie neue sensitive Methoden der Molekularbiologie.
Dank der sogenannten PCR Technik genügten nun wenige Moleküle der
Erbsubstanz eines Erregers, DNA oder RNA, zu ihrem Nachweis. Zum
damaligen Zeitpunkt bedeutete der HIV-Test de facto ein Todesurteil,
was hohe Anforderungen an die Testqualität stellte. Auch die klassische
Serologie war im Umbruch, und quantitative Verfahren fanden Anwendung.
Die von den Professoren Erb und Bienz geleitete Diagnostikabteilung erlebte eine dynamische Entwicklung. Probenzahlen und Umsatz explodierten. Das Institut beteiligte sich an der Schweizerischen HIV Kohorten Studie, wo Daten und Material von über 14'000 Probanden erfasst, asserviert und der Forschung nutzbar gemacht wurde. Entsprechend führte das Institut zahlreiche kollaborative Forschungsarbeiten durch, die auf dem asservierten Material beruhten, auch zum Nutzen der Kliniken. Eine entscheidender Schritt war der Entschluss, die Diagnostik extern akkreditieren zu lassen, was nach zweijährigen Vorarbeiten und unter der Aegide von Professor Erb 1999 Tatsache wurde. Als erstes Universitätsinstitut in der Schweiz war die Diagnostik des Hauses nach der internationalen Norm ISO/IEC 17025 akkreditiert, und eine Stelle für Qualitätsmanagement wurde geschaffen. Ein weiterer Quantensprung war der Kauf eines neuen Elektronenmikroskops, welches nebst Dienst in der Diagnostik der Forschung von Professor Bienz diente. Nach dem Rücktritt von Professor Erb als Leiter der Diagnostik übernahm diese Funktion Professor Hirsch, der unterstellte Bereich Serologie/Virologe steht unter der Leitung von Frau Dr. I. Steffen. In neuer Zeit wird für die Laborleitung der Titel FAMH und die entsprechende Ausbildung verlangt.
Die Lehre im Umbruch
Die Medizinische Mikrobiologie umfasst die Lehre von Viren und
Bakterien, Parasiten, Pilzen und Prionen. War der Unterricht bezüglich
Prüfungen bis Mitte der 90er Jahre auf das dritte propaedeutische
Examen im dritten Jahr des Medizinstudiums zugeschnitten, und als
«Medizinische Mikrobiologie» mit fixer Studentenzahl angeboten, wurde
nach der Studienreform auch dieses Fach mit verwandten Gebieten in
Themenblöcke integriert. Pièce de resistance ist dabei der Block
«Angriff und Abwehr», wo die Kerninhalte der medizinischen
Mikrobiologie vermittelt werden. Stand früher das fast enzyklopädische
Kennen der Erreger und ihrer klinischen Manifestationen im Vordergrund,
konzentriert sich der Unterricht heute vermehrt auf exemplarische
wichtigen Erreger, auf die zugrunde liegenden biologischen Prinzipien,
auf die diagnostischen Verfahren sowie die Mechanismen der
immunologischen Abwehr.
Ausblick
Das Institut wurde im Jahr 2000 Teil des Departements für
klinisch-biologische Wissenschaften, dem heutigen Departement für
Biomedizin. Im Rahmen der angedachten Konzentration der Kräfte dürfte
das Institut in 6 – 10 Jahren seine historische Stätte verlassen und
auf das Schällemätteli-Areal ausziehen, in die Nähe von
Biozentrum/Pharmazentrum. Ab 2010, gemäss einem Vertrag, wird das
Institut auch die Dienstleistungen des neuen Universitäts-Kinderspitals
übernehmen und dabei weiterhin die Planung mit dem Zentrallabor des
Universitätsspitals absprechen. Wohin die Wege der Forschung führen
werden, wird nicht zuletzt von den Nachfolgern/Nachfolgerinnen
abhängen, die auf die vakanten Professorenstellen gewählt werden. Laut
Strukturbericht soll der Schwerpunkt weiterhin in Virologie und
Immunologie liegen.