Geschichte der angeschlossenen Fächer der Kinder- und Jugendmedizin

Zur Kinder- und Jugendmedizin gehören zahlreiche angeschlossene Fächer, die sich teilweise erst nach und nach auf die Behandlung junger PatientInnen spezialisierten.

Röntgen
Das erste Röntgenbild in Basel, ein jugendliches Handskelett mit schönen Epiphysenlinien, wurde 1896 nach einer Expositionszeit von 7 Minuten durch den damaligen «Hilfsarzt» Dr. Joseph Fahm angefertigt. Später wurde am Kinderspital ein Röntgenkabinett eingerichtet. 1962 wurde die Röntgenabteilung zu einem eigentlichen Institut umgewandelt. Prof. Herbert Kaufmann, deren Leiter, folgte 1971 dem ehrenvollen Ruf als Chefarzt der Röntgenologie am Children’s Hospital in Phildelphia. Mitte 1973 übernahm Dr. Christian Fliegel seine Nachfolge, nachdem er seine spezialärztliche Weiterbildung am Children’s Hospital in Boston abschliessen konnte. Fliegel erhielt 1979 die Venia docendi für Kinderradiologie und wurde 1996 zum ausserordentlichen Professor befördert. Ende September 2000 trat er in den Ruhestand. Ein Jahr später wurde Frau Dr. Klara Vergesslich aus Wien seine Nachfolgerin. Nach deren Weggang ernannteman Dr. Jacques Schneider am 1. Oktober 2006 zum leitenden Arzt für Pädiatrische Radiologie. Dr. Schneider, in den USA geboren, erwarb sich seine Fachkenntnisse in der Radiologie in Bern sowie in der Kinderradiologischen Abteilungen in Zürich und Basel, zudem diejenigen über fetale Radiologie in Marseille.

Chirurgie
Die chirurgischen «Fälle» wurden zunächst von August Socin (1837-1899), Leiter der Chirurgischen Klinik  am Basler Bürgerspital und seit 1864 ordentlicher Professor der Chirurgie, gelegentlich auch von Dr. Theophil Lotz und seit 1887 vom «Hilfsarzt» Dr.  Joseph Fahm operiert. Dr. Ernst Hagenbach, Sohn von Prof. Eduard Hagenbach, seit 1913 vorerst ebenfalls «Hilfsarzt» wird 1921 Chef einer ersten eigentlichen Chirurgischen Abteilung des Kinderspitals.

Prof. Robert Nicole wirkte von 1946 bis 1973 als Chefarzt der Chirurgischen Kinderklinik. Der Erwachsenchirurgie und operativen Traumatologie entstammend, hat er den eigentlichen Beginn der Kinderchirurgie und deren Aufstieg entscheidend mitgestaltet. Seine zwei erfolgreichen Korrekturen der Fallot’schen Tetralogie im Jahre 1949 waren die ersten Herzoperationen bei schweren angeborenen Missbildungen in der Schweiz. 1967 verlieh ihm der Basler Regierungsrat einen Lehrauftrag für Kinderchirurgie. Er war mit seiner einfachen klaren Sprache ein ganz besonders begeisternder Dozent. 1970 wurde Dr. Bruno Herzog zum 1. Oberarzt und Stellvertreter des chirurgischen Chefarztes befördert. Im September 1973 ernannte man ihn zum Nachfolger von Prof. Nicole; das Extraordinariat wurde gleichzeitig zu einem Ordinariat aufgewertet. Prof. Herzog war in den Jahren 1981-1983 auch Dekan der Medizinischen Fakultät. 1984 wurde der Oberarzt der Klinik Dr.  R.W. Gruber zum Privatdozenten ernannt. Dr. Peter Jenny wurde neu Chefarzt-Stellvertreter. 1989 avanciert PD Lutz von Laer zum Abteilungsleiter für Traumatologie. 1990 nahm Dr. Reinhold Rösslein nach einer zweijährigen Ausbildungszeit in Hand- und Mikrochirurgie in Basel und Hamburg seine Tätigkeit auf der Kinderchirurgie auf. 1994 erhält er die Venia docendi für dieses Fach. Am 1. April 1996 eröffnete er eine Privatpraxis für Kinderchirurgie in Basel. Dr. Peter Frei führte Experimente am Minipig mit suburetralen Collagen-Injektionen zur Vermeidung des vesico-uretralen Refluxes durch. Diese Studien waren die Grundlagen seiner Habilitationsarbeit; er erhielt 1991 die Venia docendi..

Am 1. Januar 1993 wurde die ärztliche Direktion des Kinderspitals erstmals dem Kinderchirurgen und damit Prof. Bruno Herzog übertragen, die er bis 1996 innehielt. Gleichzeitig wurde eine Direktionskonferenz geschaffen.

Nach der Emeritierung von Prof. Herzog, der an der KTK Kindertagesklinik Liestal AG weiterhin beruflich aktiv blieb, wurde per 1. Januar 1999 PD Dietrich von Schweinitz, Chefarzt und Ordinarius für Kinderchirurgie. 1954 in Hamburg geboren, promovierte er 1981 zum Dr. med. und bildete sich in den nachfolgenden Jahren zum Facharzt für Chirurgie, speziell Kinderchirurgie und Rettungsmedizin, weiter. Seit 1991 war er an der kinderchirurgischen Abteilung der Medizinischen Hochschule Hannover tätig, zuletzt als leitender Oberarzt. Dort habilitierte er sich 1995 mit einer Arbeit über seltene kindliche Tumorkrankheiten. Für seine Habilitationsarbeit erhielt er eine bedeutende wissenschaftliche Auszeichnung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie. Auf Anfang Juni 2003 wechselte von Schweinitz nach München, wo man ihn zum ärztlichen Leiter der kinderchirurgischen Klinik und Poliklinik am Dr. von Hauner’schen Kinderspitals und zum kinderchirurgischen Ordinarius der Ludwig-Maximilians-Universität ernannte hatte. Das Kantonsspital Basel sprach ihm vorgängig noch den Dora-Seifert-Preis zu.

Am 1. August 2005 tritt PD Johannes Mayr als Extraordinarius der Basler Universität die Stelle des Chefarztes der Kinderchirurgie an. Prof. Mayr studierte in Graz Medizin, wo er sich zum Facharzt für Kinderchirurgie und Unfallchirurgie weiterbildete und seit 1991 zunächst als Oberarzt und seit 1999 als stellvertretender Leiter der Abteilung für Kinderchirurgie tätig war. Weitere Weiterbildungs- und Studienaufenthalte absolvierte er in Steyr und am Children’s Hospital in Washington DC. Mit dem Stellenantritt Mayr’s ging Dr. Peter Jenny, zwischenzeitlich Chefarzt ai, nach 34-jähriger Tätigkeit in der kinderchirurgischen Klinik in Pension. Jenny sah über all die Jahre seine wichtigste Tätigkeit in der Betreuung der ihm anvertrauten Kinder und deren Eltern

Orthopädie
1957 wurde eine grundlegende Änderung der Behandlung orthopädischer Patienten getroffen. Mit Herrn PD Dr. Willy Taillard, Facharzt FMH für Orthopädie und Oberarzt an der orthopädischen Klinik Balgrist in Zürich, wurde ein qualifizierter Spezialist als Oberarzt der kinderchirurgischen Klinik eingestellt. 1964 gelang es, Prof. Georg Chapchal als Ordinarius für Orthopädie und Chefarzt der orthopädischen Klinik und der orthopädischen Kinderklinik nach Basel zu gewinnen. Der orthopädischen Abteilung im Kinderspital wurden im gleichen Jahr das Labor für Elektromyogramm-Untersuchungen sowie Infrastrukturen der Rehabilitation wie Turnsaal etc. angegliedert. Auf den 1. Oktober 1970 verliess Prof. Chapchal Basel wieder, um einem Ruf auf den Lehrstuhl für Orthopädie in Nijmwegen, Holland, zu folgen. PD Erwin Morscher übernahm seine Nachfolge. Im November 1971 wurde Morscher zum Chefarzt der orthopädischen Universitätsklinik und damit auch zum Chefarzt der kinderorthopädischen Abteilung des Kinderspitals gewählt. 1973 wurden seine Oberärzte Dr. Lutz Jani und Dr. Jürg Baumann zu Privatdozenten befördert, Jani dann 1980 und Baumann im November 1983 zum ausserordentlichen Professor. Als Prof. Jani der Berufung auf das Ordinariat für Orthopädie nach Mannheim folgte, ging die Leitung der kinderorthopädischen Abteilung an Dr. Walter Dick über. Dr. Fritz Hefti wurde sein Oberarzt. Walter Dick hatte sich 1984, Fritz Hefti 1989 habilitiert. Im Frühjahr 1988 übernahm PD Walter Dick eine neue leitende Aufgabe an der Erwachsenenabteilung im Felix Platter-Spital. Das gut eingespielte Orthopädie-Team wurde von Fritz Hefti übernommen. Die neuro-orthopädische Abteilung bekommt mit Dr. Reinhold Brunner einen neuen Oberarzt, der am 1.September 1999 die Venia docendi für Orthopädie, speziell Kinderorthopädie, erhält. 2005 wird er zum Titularprofessor befördert.

Im Zusammenhang mit der Neustrukturierung der Orthopädischen Klinik und Poliklinik wurde auf Antrag von Prof. Erwin Morscher die Verselbständigung der Kinder- und Neuroorthopädie beschlossen. Auf den 1. Januar 1994 wurde PD Fritz Hefti zum Chefarzt der Kinder- und Neuroorthopädischen Universitätsklinik sowie Poliklinik gewählt. 2004 beförderte ihn der Universitätsrat zum Ordinarius ad personam für Kinder- und Jugendorthopädie. 1996 trat Prof. Ludwig von Laer als leitender Arzt für Traumatologie in die kinderorthopädische Klinik über.
Prof. Jürg Baumann, der nach seiner Pensionierung aktiv blieb, verstarb am 9. Februar 2000.

Anästhesie
Im Jahresbericht 1975 erschien erstmals eine Anästhesieabteilung, die unter Leitung von Frau Dr. Ursula Bauer-Miettinen stand, nachdem sie bereits 1973 als Oberärztin der chirurgischen Abteilung und Nakoseärztin angestellt worden war. 1990 übernahm PD Franz Frei die Leitung der Abteilung Kinderanästhesie, der aus der Universitätsklinik für Anästhesiologie hervorging. Dr. Adrian Reber erhielt am 1. Januar 1999 die Venia docendi für Anästhesiologie und Intensivmedizin. Dr. Thomas Erb wurde von der Medizinischen Fakultät am 16. Dezember 2002 zum Privatdozenten ernannt.

Zahnärztlicher Dienst
1988 trat Frau Dr. med. dent Monika Sargenti in den Ruhestand, die während 22 Jahren im Kinderspital mit viel Geschick Zahnsanierungen ermöglichte. Am 1. November 1979 wurde die Eröffnung des neu eingerichteten eigenen Zahnarztzimmers gefeiert. Nach verschiedenen Nachfolgern wird diese Dienstleistung heute von Vertreterinnen/Vertretern der Schulzahnklinik übernommen.

Kinder- und Jugendpsychiatrie

Im Januar 1956 wurde eine kinderpsychiatrische Abteilung, man sprach vorerst von «Station», eröffnet und 1960 die Psychiatrische Poliklinik geschaffen. Damit ist das Basler Kinderspital einmal mehr neue Wege gegangen. Deren Leiter, PD Carl Haffter, wurde 1973 zum ausserordentlichen Professor befördert und 1975 Dr. Dieter Bürgin zu seinem Nachfolger gewählt. Bürgin erhielt 1977 die Venia docendi für Kinder- und Jugendpsychiatrie. 1984 wurde er zum ausserordentlichen Professor und 1989 zum Ordinarius seines Faches ernannt. Prof. Dieter Bürgin war von 1996-1997 Dekan der Medizinischen Fakultät. Die in einer Privatliegenschaft untergebrachte kinderpsychiatrische Therapiestation des Kinderspitals wurde im Dezember 1983 in eine renovierte staatliche Liegenschaft an der Alemannengasse 60 verlegt, deren fachliche Leitung Dr. Emanuel Isler übernahm. 1996 erhält Dr. Kai von Klitzing, und 2004 Dr. Alain Di Gallo die Venia docend für Kinderpsychiatrie.

Humangenetik/Medizinische Genetik

1960 wurde ein Chromosomenlabor im Kinderspital eingerichtet, um dort Bindegewebszellen zu züchten und deren Chromosomensätze zu bestimmen. Die Einführung der neuen Methoden schien sich als schwierig erwiesen zu haben. Immerhin wurde im Jahresbericht mit Stolz vermerkt: «Trotzdem ist es uns gelungen, als einziges Kinderspital in der Schweiz diese Methoden einzuführen und mit Erfolg zu verwerten.» Erika Bühler-Zdanski trat am 1. Juni 1961 als wissenschaftliche Mitarbeiterin ins Chromosomenlabor ein.1963 erhielt der damalige Privatdozent Gerhard Stalder einen Lehrauftrag für Humangenetik. 1978 wurde Hansjakob Müller ein Lehrauftrag für Humangenetik als Lektor (eine heute nicht mehr bestehende Dozentenkategorie) erteilt, nachdem er nach seiner Rückkehr vom Dept. of Genetics des Albert Einstein-College of Medizin in New York bereits zwei Jahre zuvor den Hauptanteil des Genetik-Unterrichtes für die Studierenden der Medizin in der Vorklinik übernommen hatte. 1979 hat sich Erika Bühler für das Fach Medizinische Zytogenetik habilitiert. 1990 erhielt sie einen 1-stündigen Lehrauftrag für humane Zytogenetik.

Bei der Bildung des Dept. Forschung des damaligen Kantonsspital im Jahre 1979 konnten Prof. Jürg Girard und Dr. Hansjakob Müller als Vertreter des Kinderspitals dort je eine Forschungsgruppe für Endokrinologie, respektive für Humangenetik etablieren. Der Forschungsgruppe Endokrinologie trat später Dr. Alex Eberle bei, der nach dem Rücktritt von Prof. Girard, diese Forschungsgruppe leitete und später bis zum Leiter des Departements aufstieg. Bei der Vertragsunterzeichnung zur Schaffung des Departements Klinisch-Biologische Wissenschaften (DKBW) am 12. April 2000 wurde die Abteilung für medizinische Genetik UKBB als eigenständiges Universitätsinstitut geführt. Das Forschungslabor Humangenetik verblieb vorerst im Zentrum für Lehre und Forschung (ZLF) und wurde dann bei der Bildung des Institutes für Biochemie und Genetik in dessen Nähe, d.h. vorerst im Vesalianum (2001) und später im Zentrum für Biomedizin an der Mattenstrasse 28 (2004) untergebracht.

Die genetischen Laboratorien des Kinderspitals und des damaligen Dept. Forschung im Kantonsspital wurden mit der Pensionierung von Prof. Erika Bühler 1993 zur Abteilung für Medizinische Genetik zusammengefasst. Dies führte zu einem besser koordinierten Leistungsangebot für medizinisch-genetische Untersuchungen, aber auch zu einer Vereinfachung von Lehre und Forschung. Sämtliche Laboreinrichtungen konnten nun gemeinsam genutzt und auch die Fortbildung sämtlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besser koordiniert werden. Als am 12. November 1993 das Appellationsgericht den Rekurs von Prof. Erika Bühler gegen ihre Pensionierung guthiess, wurde vorübergehend für sie eine Stelle als Konsiliaria in Zytogenetik und klinischer Genetik geschaffen.

Am 1. September 1995 wurde Prof. Peter Miny, vom Humangenetischen Institut der Universität Münster, stellvertretender Abteilungsleiter sowie Leiter der zytogenetischen Laboratorien und der pränatalen Diagnostik. 1996 ernennt die Universität Hansjakob Müller zum Titularprofessor für Humangenetik, nachdem die Kuratel bereits im Jahr zuvor seiner Beförderung zum ausserordentlichen Professor mit Lehrauftrag zugestimmt hatte. 2002 wird er zum Extraordinarius ad personam für Medizinische Genetik ernannt. Als er Ende Juli 2006 in den Ruhestand tritt, übernimmt Prof. Peter Miny die Leitung der Abteilung ai. Ihm steht Dr. med. et phil. II Karl Heinimann als Leiter des molekulargenetischen Labors und der Forschungsgruppe «Humangenetik» zu Seite, der sich 2006 für das Fach Medizinische Genetik habilitierte. Damit ergänzt auch er eine ganze Reihe von Personen, die sich während kürzerer oder längerer Zeit in den genetischen Institutionen des Basler Kinderspitals weiterbildeten, um dann akademische Karriere zu machen. So wurde 1961 offensichtlich Ulrich Wolf von seinem Vorgänger als Direktor der Institutes für Anthropologie und Humangenetik in Freiburg i Br., Prof. Hans Baitsch, nach Basel gesandt, um hier die Methoden der Chromosomenpräparation zu erlernen. Des weiteren gehören zu diesem Personenkreis auch PD Bernhard Pestalozzi, Zürich, Prof. Karoly Méhes, Pecs; Prof. György Kosztolanyi, Pecs; Prof. Rodney Scott, Australien, Frau Prof. Thelma Kuttapa, New Dehli; Prof. Dan Lehmann, Tel Aviv sowie Prof. Jean-Marie Buerstedde, Neuherberg. Mehrere Habilitantinnen und Habilitanten der Universität Basel realisierten Teile ihrer Forschungsarbeiten im Forschungslabor Humangenetik.

 

Themen


Materialien


Quellen

  • LinkErzählte Erfahrung. Alumni der Medizinischen Fakultät der Universität Basel, (Red.: Michael J. Mihatsch, René Fröscher), Basel 2005.

Literatur

  • Friedrich Miescher-His, Medizinische Fakultät, Die Medizinische Facultät in Basel und ihr Aufschwung unter F. Plater und C. Bauhin. Zur vierten Säcularfeier der Universität Basel, Basel 1860.
  • Albrecht Burckhardt, Geschichte der Medizinischen Fakultät zu Basel 1460-1900, Basel 1917.
  • Edgar Bonjour, Die Universität Basel von den Anfängen bis zur Gegenwart 1460-196, Basel 1960.
  • Lehre und Forschung an der Universität Basel, dargestellt von Dozenten der Universität Basel, Basel 1960.
  • Professoren der Universität Basel aus fünf Jahrhunderten. Bildnisse und Würdigungen, hrsg. von Andreas Stähelin, Basel 1960.