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Die Anfänge der Basler Studentenschaft1918 wurde an der Universität Basel eine auf obligatorischer Mitgliedschaft beruhende Vereinigung aller Studenten geschaffen. Aber es gab wichtige Vorläufer, in denen der strukturelle Gegensatz zwischen den «Farbentragenden» und den «Wilden» zum Ausdruck kam. Als man im berüchtigten Sommer 1968 recht brav das 50jährige Bestehen feierte, war man sich nicht bewusst, dass das provisorische Ende der Studentenschaft nahe war. 1974 hielt das Bundesgericht fest, dass die bestehende Zwangsmitgliedschaft der Studierenden und die damit verbundene Gebührenpflicht, mithin eine über ein halbes Jahrhundert andauernde Selbstverständlichkeit, rechtswidrig sei. Nach einem «Interregnum» von gut zwei Jahrzehnten durch die «Stub», wurde 1996 im ersten Statut (§ 27) der autonom gewordenen Universität die «Studentische Körperschaft der Universität Basel» als öffentlich-rechtliche Repräsentationsorgan und damit wiederum auch die Zwangskörperschaft eingeführt. Das erste Datum, das in der Chronik der studentischen Selbstorganisation der Neuzeit auftaucht, ist der 8. Mai 1868. Es kamen zwar Statuten zustande, aber - zumal die Mitgliedschaft für die Studierenden nicht obligatorisch war - keine ernsthaften Aktivitäten. 1884 wurde ein zweiter, nicht viel erfolgreicherer Anlauf wiederum mit neuen Statuten unternommen. Beabsichtigt war, dass eine Versammlung von bezahlenden Mitgliedern (1 Fr. pro Semester) drei Vertreter in einen Studentenausschuss entsenden würden, die zusammen mit Vertretern der farbentragenden Verbindungen ein Gremium bildeten, das seinerseits einen dreiköpfigen Vorstand, «Commission» genannt, bilden sollte. Präsident bzw. Präses sollte ein Nichtfarbentragender, ein sogenannter «Wilder», sein, während Aktuar und Quästor Farbentragende sein sollten.
Dominanz der Farbentragenden oder der «Wilden»? Aus den ersten Jahren war eine Klage des ersten Vizepräsidenten Peter Zschokke (iur.), späterer Regierungsrat und als Chef des Erziehungsdepartements ein Vorgesetzter der Universität, überliefert, die leitmotivisch durch alle Jahre und Jahrzehnte der Studentenschaftspolitik ziehen wird: zuviel Individualismus und Eigeninteresse - zuwenig «Mitgefühl mit den Standesgenosse mit Bereitwilligkeit zur gegenseitigen Hilfe». Eine zweite Stimme war diejenige von Rudolf Kaufmann (phil. I), der zweimal (1923/24 und 1928/29) Präsident der Studentenschaft war und später Präsident der Staatlichen Heimatschutzkommission wurde. Kaufmann erinnerte sich an keine Differenzen mit den Universitätsbehörden, aber an häufige Meinungsverschiedenheiten unter den Studierenden. Als wichtige Tätigkeitsbereiche nannte er: die Unterhaltung des Studentischen Zeitungslesesaals, die Veranstaltung von Vorträgen und die Vermittlung von Bücherrabatten. Hinzu kamen die Mensa- und Stipendienfrage sowie die Unterstützung für den vom Akademischen Sport- und Turnverein geplanten Uni-Turnplatz. Unterstützt wurde auch das gesamtschweizerischen Sanatorium von Leysin für an Tuberkulose erkrankten Studierenden. Später kamen ein Reisedienst und die allerdings vergeblichen Bemühungen und eine Ermässigung bei den BVB (Basler Verkehrsbetrieben) hinzu. 1931 entwickelte eine besondere «Arbeitsgemeinschaft» der Studentenschaft ein Vortrags- und Diskussionsforum, in dem man bedrängende Zeitfragen diskutieren konnte. Mit von der Partie war auch Adolf Portmann als junger Privatdozent für Zoologie. Der Zirkel verstand sich «als Ort der Gegensatz-Bewegung» und gab sich mit dem die schöpferische Polarität ausdrückenden Yang-Yin-Symbol ein entsprechendes Signet. Dieses wurde dann von der ganzen Studentenschaft übernommen und blieb es bis in den 1970er Jahre. Als man 1968 das 50jährige Bestehen feierte, brachte die Studentenschaft dieses Signet sogar als Poststempel auf die Briefe.
Abgrenzung gegen Rechts Die politischen Sympathien hätten an den schweizerischen Hochschulen eher nach rechts tendiert. In Basel aber habe auch in schwierigen Zeiten der freiheitliche und humanistische Geist die Oberhand behalten. Die Basler Studentenschaft konnte 1936 mit Erfolg dahin wirken, dass die Schweizer Studenten keine Delegation an die Olympiade nach Berlin schickte. 1932 gab sich die Studentenschaft neue Statuten. Man verlangte ein Antragsrecht in der Regenz in allen Studienangelegenheiten, und diese akzeptierte es sogar, aber es kam nichts derartiges in das Universitätsgesetz von 1937. Die Studierenden erhielten zwar, vom Rektor begleitet, eine Audienz beim SP-Erziehungsdirektor Fritz Hauser, wurden aber «recht bestimmt» abgewimmelt. Gemäss Tschudi habe die Studentenschaft in der Vernehmlassung zum Universitätsgesetz ebenfalls «einige Wünsche» angebracht, diese seien aber derart unwesentlich gewesen, das sie im Jahresbericht nicht detailliert aufgeführt worden sein.
1940 war die Studentenschaft mit der Frage konfrontiert, welche Art von
politischer Tätigkeit ihr gestattet sei. Der Vorstand engagiert sich vor
der Abstimmung vom 1. Dezember 1940 im Komitee für die Einführung des
obligatorischen Vorunterrichts (paramilitärische Sportkurse). Die als
zentralistisch eingestufte Vorlage wurde von einer Mehrheit des
schweizerischen Souveräns aus föderalistischem Reflex deutlich
abgelehnt. Der Kanton Basel-Stadt nahm aber mit 64,2 Prozent an. Die
studentischen Gegner der Vorlage warfen dem Vorstand vor, gegen die
Statuten verstossen zu haben, welche parteipolitische Engagements
untersagten. Die Rechfertigung der Befürworter: Es habe sich um eine
nationale Frage und eine die Studierenden betreffende Vorlage gehandelt.
Nach der einstimmigen Annahme einer Resolution gingen die Teilnehmenden,
wie es heisst, still und gefasst und innerlich «geladen» auseinander.
Eine am Ausgang mit einer Schweizerfahne durchgeführte Kollekte habe
einen Ertrag erbracht, der so schwer war, dass er kaum habe getragen
werden können. Ein damals ins deutsche Generalkonsulat geworfener
Rheingwäggi (grosser Kiesel) dürfte studentischen Ursprungs gewesen
sein. Der Volksaufstand in Ungarn schlug im Oktober 1956 auch bei der Basler Studentenschaft wie ein Meteor ein. Das erschütternde Ereignis riss, wie Zeitgenossen berichten, die Studierenden aus ihrer universitären «Isoliertheit» und liess sie mit der Bevölkerung «eins» werden. Am 25. Oktober organisierten sie einen ersten Fackelumzug, an dem sich die Bevölkerung breit beteiligte. Später setzte sich eine studentische Spezialorganisation, die «Soforthilfe Schweiz-Ungarn» für konkrete Unterstützung ein, organisierte Transporte nach Ungarn, u.a. mit Produkten der Basler Chemischen Industrie, kümmerte sich um die Aufnahme von aus entgegengesetzter Richtung eintreffenden Flüchtlingen, sie ermöglichte ihnen die Fortsetzung des Studiums. Die studentischen Funktionäre waren stolz, dass sie kostenlos über eine Telex-Verbindung verfügten und über die Vorgänge in Ungarn zum Teil schneller informiert waren als die Schweizerische Depeschenagentur. Der Einsatz der Studentenschaft hatte einen erheblichen Prestigegewinn bei der Bevölkerung zur Folge. Adolf Hasler, ius., Präsident von 1959/60: «Allgemein hatten wir den Eindruck, man bringe unseren Problemen bei den Behörden vermehrt Verständnis entgegen.»
kolibri Dass man sich 1958 derart «rechtzeitig» in Gang setzte, entsprach der von der Universität insgesamt früh eingeleiteten Vorbereitung. Bereits 1957 hatte die Studentenschaft eine Zweierdelegation an die Feierlichkeiten der 500-Jahr-Feier der Universität Freiburg entsandt, «um sich ein Bild von den zu erwartenden Arbeiten und Aufgaben machen zu können». Die Vorbereitungen auf 1960 nahmen denn auch in den folgenden beiden Jahren einen grossen Teil der studentenschaftlichen Aufmerksamkeit in Anspruch. Eine heftige Debatte entzündete sich an der Frage, was die Studentenschaft der «Alma Mater» schenken soll. Der Vorstand kam auf die gloriose Idee, ihr ein Likörservice als Ergänzung zu dem im Rektorat bereits vorhandenen Kaffeeservice zu schenken. Widerstand erwuchs dem Projekt teils aus ethischen-grundsätzlichen, teils aus praktischen-ökonomischen Motiven. Aber der Vorstand setzte sich durch. Peter Saladin (iur.), Präsident der Jahre 1958/59: «Wenn die Gäste der zahlreichen Rektoren zu den handgeschliffenen Gläsern Sorge getragen haben, so sind sie heute noch in der Schatzkammer des Rektorats zu besichtigen.» Als speziell registrierenswert erscheint in der Studentenschaftschronik das Faktum, dass die Studentenschaft 1962 mit Dora-Ursina Wiesmann erstmals eine Vizepräsidentin wählte. Wie eine Liste der Studentenschaftspräsidenten der Jahre 1950-1975 deutlich zeigt, lassen sich bei der Besetzung der Präsidien mit eindrücklicher Deutlichkeit drei Phasen ablesen: In einer ersten Phase dominierten die traditionellen Farbentragenden, darauf folgte eine Phase der «Wilden» ohne determinierende Herkunft, und in einer dritten Phase kamen, sozusagen als neue Farbentragende die (roten) Vertreter der Progressiven Studentenschaft. |
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