Die Kolleggeldpauschale

Die Einführung der Kolleggeldpauschale ist ein Produkt der Reformphase. Bis 1966 hing der Betrag des studentischen Kolleggeldes, noch ganz nach dem System de 19. Jahrhunderts von der Anzahl der belegten Stunden ab, wie umgekehrt das Einkommen der Dozenten wesentlich von der Belegung ihrer Lehrangebote bestimmt wurde. Die Studierenden bezahlten neben der festen Grundgebühr von etwa 35 Franken pro belegte Semesterstunde 6 Franken.

Der Anstoss zur Revision dieser Ordnung ging von den Dozenten und der Universitätsverwaltung aus. Sie sahen in einer Kolleggeldpauschale folgende Vorzüge:

  1. Die Schaffung ausgeglichener, von fachspezifischen Belegungshäufigkeiten unabhängiger Dozentengehälter.
  2. Eine allgemeine Erhöhung der Dozentenbesoldung und damit auch eine Stärkung der angeschlagenen Konkurrenzfähigkeit der Universität, aber auch eine Besserstellung der besonders knapp gehaltenen ausserordentlichen Professoren und Privatdozenten.
  3. Eine administrative Vereinfachung der Abrechnungsmodalitäten.
    Vor allem die mit dieser Revision verbundene finanzielle Besserstellung des Lehrkörpers veranlasste Rektor Gerhard Wolf-Heidegger, sich im Jahresbericht 1966 bei den zurückgetretenen Regierungsräten Zschokke (Erziehung) und Schaller (Finanzen) für das «Abschiedsgeschenk» zu bedanken.

Auf Seiten der Studenten stand man dieser Neuerung grundsätzlich nicht ablehnend gegenüber. Man hätte zwar, wie gesamtschweizerische vom Historiker und spätere Genfer Rektor Jean-Claude Favez schon 1960 gefordert, die vollständige Abschaffung der Studiengelder (plus die Entrichtung eines Studentenlohns) vorgezogen. Damals erwartete man, dass wenigstens die Studentenfunktionäre, da sie ja nur bedingt Zeit zum Studium hatten, von der Entrichtung der Kolleggelder befreit würden. Aus studentischer Sicht boten Kolleggeldpauschalen immerhin einige Vorzüge:

  1. Sie wirkten der Tendenz gewisser Dozenten entgegen, mit «Show-Vorlesungen» möglichst viele Belegungen zu erzielen. (In der Regenz hatte man umgekehrt die Befürchtung gehegt, dass der Wegfall des Belegungswettbewerbs eine gewisse «Mittelmässigkeit des Unterrichts» fördern könnte.
  2. Sie machten es fortan unnötig, dass Dozenten aus finanziellen Überlegungen möglichst viele Pflichtveranstaltungen anboten.
  3. Sie verstanden die Einführung einer Pauschale als ersten Schritt zu einer Abschaffung der Kolleggelder.

Ein noch durch und durch bürgerlicher Studentenrat (soweit studentische Jugend überhaupt als bürgerlich bezeichnet werden kann) beauftragte den Vorstand im Dezember 1966, sinnvolle Vorschläge zur sofortigen oder stufenweisen Beseitigung der Pauschale zu unterstützen. Damit griffen die Studenten eine Forderung auf, die Großrat Robert Thamisch (SP) schon 1964 unter Berufung auf das Vorbild der Universität Neuenburg erhoben hatte. 1966 sprachen sich sogar die liberal-konservativen Basler Nachrichten für einen generellen Kolleggelderlass aus: «In einer Zeit, wo Bund und Kantone Millionen an öffentlichen Geldern auf die Förderung der Hochschulen und den Ausbau des Stipendienwesens verwenden, erscheint es tatsächlich absurd, wenn der Staat auf dem Umweg über das Kolleggeld einen für ihn unwesentlichen, für den Studenten aber recht fühlbaren Teil dieser Gelder wieder einkassiert.»

Diese stark von der Hochkonjunktur geprägte Auffassung nahm einen Gedanken vorweg, der drei Jahre später zur Forderung nach dem Null-Tarif auch bei Tram und Theater führen sollte, weil der Selbstfinanzierungsanteil der Benutzer verschwindend klein, die Subventionierung erdrückend groß geworden war. Noch im April 1970, nachdem bereits erste Sparmassnahmen eingeleitet worden waren, erklärte der Regierungsrat, es ließe sich vertreten, dass die Hochschulen unentgeltlich sein sollten. Einstweilen aber war er trotzdem gegen einen generellen Kolleggelderlass, weil man damit auch die Beiträge der auswärtigen Studenten, die immerhin zwei Drittel ausmachten, verloren hätte. Die gesamten Kolleggeldeinnahmen für 1969 betrugen immerhin 1,1 Mio. Franken. Eine Aufhebung der Kollegiengebühren schien aber 1970 grundsätzlich möglich, sobald die Herkunftskantone den Wegfall dieser Einnahmen ausgleichen würden.

Nicht ganz einverstanden war die Studentenschaft mit den Ansätzen der Kolleggeldpauschale. Auf der Basis von 1964 waren, abgesehen von den 35 Franken Grundgebühren, für die Studierenden der medizinischen und der naturwissenschaftlichen Richtung 165 Franken und für die übrigen 100 Franken errechnet worden. Um aber die angestrebte Revision der Dozentenbesoldung durchführen zu können, hob man die Pauschalen auf 185 Franken bzw. 110 Franken an. Die Studentenschaft nahm die so auf das Sommersemester 1966 festgesetzte Pauschale mit der Erwartung hin, dass man beim Eintreffen der ersten Bundessubventionen wieder auf die Ansätze von 1964 zurückkommen werde und dass insbesondere den Studierenden der oberen Semester eine spezielle Doktorandenpauschale gewährt werde. Da es dem Departement nicht möglich war, der letzteren Forderung schon für das Sommersemester 1966 Rechnung zu tragen, erstattete die Universitätsverwaltung aus internen Mitteln den Doktoranden einen Teil der Beleggelder zurück. Die auf 100 Franken und 60 Franken reduzierte Pauschale für Doktoranden wurde schliesslich für den Herbst 1967 eingeführt.

 

 

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Materialien


Quellen

  • Protokolle der Regenzsitzungen vom 13. Feb., 26. Mai und 1. Dezember 1965.

Literatur
  • Georg Kreis, Die Universität Basel 1960-1985, Basel 1986. S 202ff.