Website der Philosophisch-historischen Fakultät

 

Jüngste Entwicklungen

In den letzten 25 Jahren durchlief die Organisationsstruktur der Philosophisch-Historischen Fakultät entscheidende Entwicklungen. Einerseits fanden zahlreiche Eingriffe in die Fächerlandschaft statt, andererseits wurde der interne Zusammenhang der Disziplinen neu gestaltet. In jüngster Zeit spielte dabei die Umstellung auf das Bolognamodell eine massgebende Rolle.

Wege der Entwicklung
Sechs Jahrzehnte nach der Gliederung der Philosophisch-Historischen und der Philosophisch-Naturwissenschaftlichen Abteilung in je eigene Fakultäten trennten sich die Wirtschaftswissenschaften 1997 aus dem sozialwissenschaftlichen Fächerverbund und konstituierten sich als eigene Fakultät. Für die Psychologie folgte derselbe Schritt nur sechs Jahre später im Sommersemester 2003. Die Geschichte der Psychologie macht deutlich, dass die Entwicklung der Philosophischen Fakultät nicht nur über Abspaltungen, sondern auch über Binnendifferenzierungen geschah. Denn wie die Soziologie und die Pädagogik hatte sich auch die Psychologie im Lauf des 20. Jahrhunderts erst allmählich aus einer Teildisziplin der Philosophie gelöst, um sich als eigenes Fach zu etablieren. Der dritte Entwicklungspfad neben Abspaltung und Binnendifferenzierung ist derjenige der Neuschaffung; für die jüngsten Prozesse an der Fakultät kommt ihm die weitreichendste Bedeutung zu. Einige Beispiele mögen dies im Folgenden illustrieren.

Fächer nahe der Zeit - Medienwissenschaft und Geschlechterforschung
Aufden 1. Februar 2001 wurde das Institut für Medienwissenschaft gegründet, das sich seither in seinem Profil an den Kriterien des universitären Makroschwerpunktes «Kultur» orientiert und in einem interdisziplinären Ansatz grundlagentheoretisches Reflexionswissen mit medienpraktischer Kompetenz zu verbinden sucht. In den Jahren seit seiner Gründung konnte das Fach ein stetes Wachstum verzeichnen. Zwischen 2001 und 2008 ist die Zahl der Studierenden von 330 auf 654 angestiegen, womit das Fach innert kürzester Zeit eine Verdoppelung seiner Grösse erreichen konnte. Mit der im Rahmen des Bolognaprozesses efolgten Aufwertung von einem Lizentiatsnebenfach zu einem Bachelorhauptfach hat sich diese Tendenz erhalten. Im Herbstsemester 2008 war Medienwissenschaft mit 523 Einschreibungen das grösste Bachelorfach der Fakultät.

Wie die Medienwissenschaft begann auch die Geschlechterforschung zunächst als ein Nebenfach der Fakultät. Als die Gender Studies im Wintersemester 2002/2003 eingeführt wurden, schrieben sich 51 Studierende für das Nebenfach ein. Weniger als drei Jahre später hatte sich diese Zahl verdoppelt. Hinzu kamen rund 50 Studierende anderer Fächer, insbesondere der Psychologie, die Gender Studies als Transfakultäres Querschnittprogramm belegten. Mit der Einführung des Bachelorstudienfachs Geschlechterforschung im Wintersemester 2006/2007 stabilisierten sich die Zahlen auf relativ hohem Niveau. Im Herbstsemester 2008 belegten das Fach 71 Studierende im Bachelor, sieben im Master und 41 als Lizentiatsnebenfach. Während die Anzahl der Lizentiatsstudierenden mit jedem Semester sinkt, nehmen die Belegungen von Fachfremden stetig zu, was auf die gesellschaftliche Relevanz derhier behandlelten Fragestellungen deutet.

Die Folgen von Bologna
Die im Wintersemester 2005/2006 vorgenommene Umstellung auf das Bolognamodell brachte für die Philosophisch-Historische Fakultät in Basel eine umfassendere Umstrukturierung als an anderen Orten. Während beispielsweise in Zürichdas traditionelle Dreifächermodell, bestehend aus einem Haupt- und zwei Nebenfächern, als Studienmöglichkeit beibehalten wurde, sah man in Basel von diesen vielfältigeren Kombinationsfreiheiten ab. Diese Einschränkung brachte für einige kleinere Fächer eine Stärkung, weil sie in den Rang von Hauptfächern aufsteigen konnten. Disziplinen, die ihre Studierenden v.a. über Nebenfachimmatrikulationen rekrutiert hatten, sehen sich dagegen mit Verlusten konfrontiert. Immerhin ergab sich aber für viele Fächer die Möglichkeit, eine Reihe ihrer Veranstaltungen für die Module anderer Disziplinen zu öffnen oder im freien Kreditpunktbereich zu erwerbende Zertifikate anzubieten. Die Geschlechterforschung sichert sich auf diesen beiden Wegen einen erheblichen Teil ihrer Belegungen. In den Jahren zwischen 2004 und 2008 wurde ihr Lehrangebot zu 61 % von fachfremden Studierenden im freiwählbaren Kreditpunktbereich genutzt.

Wie die Geschlechterforschung und die Medienwissenschaften können auch die Jüdischen Studien und die Religionswissenschaft seit 2005 als Hauptfach studiert werden. Für die Jüdischen Studien bedeutet dies ein weiterer wichtiger Schritt in ihrer bisher sehr kurzen und ebenso erfolgreichen Geschichte. 1997 wurde an der Universität Basel die «Stiftung für Jüdische Studien» eingerichtet, die sich zum Ziel setzte, die Voraussetzungen für die Gründung eines Nebenfachs samt Institut und dazugehörigen Professuren zu schaffen. Schon im Frühjahr 2000 konnte das Institut, das von der Theologischen und derPhilosophisch-Historischen Fakultät gemeinsam getragen wird, seinen Betrieb mit einer Professur und einer Assistenzprofessur aufnehmen. Vier Jahre später wurde die Assistenzprofessur für Religionsgeschichte des Judentums in ein Ordinariat umgewandelt und um die Komponente der Jüdischen Literatur erweitert. Inhaltlich befasst sich das bis heute weiter gewachsene Institut mit den Lebenswelten der Jüdinnen und Juden, ihrer Geschichte, Religion und Kultur und nimmt zudem die Wechselwirkungen in den Blick, die sich mit der nichtjüdischen Umwelt ergeben.  

Zusammen mit der Islamwissenschaft bilden Jüdische Studien und Religionswissenschaft seit dem Frühjahr 2008 das Departement Religionswissenschaft. Es ist das jüngste von fünf Departementen und der bisher einzige Nachzügler. Die Departemente Altertumswissenschaften, Gesellschaftswissenschaften und Philosophie, Historische Wissenschaften sowie Sprach- und Literaturwissenschaftenwurden bereits 2006 im Zusammenhang der anlaufenden Studienreformeingerichtet und waren an die Stelle des zuvor einzigen Departements «Geistes- und Kulturwissenschaften» getreten. Von den vier älteren unterscheidet sich das Departement Religionswissenschaft dadurch, dass es nicht allein von der Philosophisch-Historischen, sondern im Verbund mit der Theologischen Fakultät getragen wird.

Eine solche Vernetzung von Forschung und Lehre über Fächer- undFakultätsgrenzen hinweg war ein allgemein leitendes Anliegen des Reformprozesses. Dies zeigen in besonderer Weise die integrierten Studiengänge der Fakultät, die statt eines Zweifächerstudiums die Wahl von Veranstaltungen aus diversen Disziplinen vorsehen. Bereits angeboten werden die Studiengänge «Altertumswissenschaften» und«Osteuropa-Studien»; über die Einrichtung eines Studiengangs«Religionswissenschaft» wird derzeit diskutiert. Mit «African Studies», «Études Françaises et Francophones» sowie mit «Sprache undKommunikation» wurden daneben drei integrierte Masterstudiengänge geschaffen, die erst nach abgeschlossenem Bachelorstudium absolviert werden können. Im neuen System wurde weiter die Möglichkeit geschaffen, eines der beiden Studienfächer aus einer anderen Fakultät zu beziehen. So lassen sich Rechtswissenschaft, Informatik, Wirtschaftswissenschaft und Theologie mit einem klassischen Fach der Philosophisch-Historischen Fakultät kombinieren.

Interdisziplinarität mit «Kultur»
Interdisziplinarität auch über die Fakultätsgrenzen hinweg rückte für die Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften seit 1996, als die Universität in die Autonomie entlassen wurde, zunehmend ins Zentrum. Damals hatte man sich für die Strategie entschieden, «Leben» - mittlerweile ausgelegt im Sinne von«Life Sciences» - und «Kultur» als gesamtuniversitäre «Makroschwerpunkte» zu etablieren. Inzwischen hat sich gemäss der universitären Gesamtstrategie von 2007 die Formulierung «Profilierungsbereiche» durchgesetzt, um damit einerseits grössere forschungspolitische Flexibilität, andererseits eine kompetitive Gesinnung zum Ausdruck zu bringen. Die inhaltlichen Ziele liegen dagegen nach wie vor in einer ähnlichen Richtung.

Für die Philosophisch-Historische Fakultät ist hauptsächlich der Bereich «Kultur» von Bedeutung. Unter Mitwirkung der Theologischen, der Juristischen und der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät sollen ausgehend von einem umfassenden Kulturbegriff, der gleichermassen historisch und gesellschaftswissenschaftlich anschlussfähig ist, schwerpunktmässig drei Themen behandelt werden, denen in der Gegenwart besondere Bedeutung zukommt: «Kulturelle Grundlagen und Grenzen Europas», «Gesellschaftlicher Wandel und Gerechtigkeit» sowie «Bild und Zeichen».

Die bildbezogene Fragestellung schliesst an «eikones» an, das Basler«Leading House» des Nationalen Forschungsschwerpunkts «Bildkritik. Macht und Bedeutung der Bilder». Das Projekt läuft in Basel seit dem 1. Oktober 2005 und hat es sich zum Ziel gesetzt, der Tatsache, dass aus der Wissensgesellschaft eine Gesellschaft der Bilder geworden ist, auch auf wissenschaftlicher Ebene Rechnung zu tragen. Ausgegangen wird von der Überzeugung, dass unsere Gesellschaft ihre Probleme nur bewältigen kann, wenn auch Bildkritik einen Teil dazu beiträgt, indem sie sich epistemischer Grundlagenlagenforschung und exemplarischen Anwendungen widmet.

Der Profilierungsschwerpunkt «Kultur» ermöglicht es der Philosophisch-Historischen Fakultät in besonderer Weise, sich zu den gegenwärtigen gesellschaftlichen Prozessen zu Wort zu melden und dadurch selbst kulturwirksam zu werden. Die Anbindung an die Gesellschaft geschieht zugleich dadurch, dass der Kontakt zu anderen Fakultäten, deren Gesellschaftsrelevanz nicht in Zweifel gezogen wird, in den vergangenen Jahren intensiviert werden konnte. Die Bedeutung der Fakultät innerhalb der Universität schlägt sich demnach nicht nur quantitativ in der Höhe der Studierendenzahlen, sondern durchaus auch qualitativ im Spektrum der verfolgten Projekte nieder.