Wie andere Nachbardisziplinen auch war auch die junge
Literaturwissenschaft durch einen deutlich historischen Schwerpunkt
geprägt und widmete sich in erster Linie der Literatur des Mittealters,
der Altertumskunde und der Mythologie. Eine erste Trendwende wurde in
Basel durch die Berufung Wilhelm Wackernagels eingeleitet. 1832, im
Alter von 26 Jahren berufen, etablierte und vertrat er für die folgenden
37 Jahre einen neuen, stärker philologisch ausgerichteten Ansatz.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzten mehrere in kürzeren
Abständen aufeinanderfolgende Professoren (Moritz Heyne, Otto Behagel,
Rudolf Kögel, John Meier, Julius Petersen, Rudolf Unger)
unterschiedliche Sprach- und Literaturwissenschaftliche Akzente. Die
zunehmende Ausdifferenzierung führte an der Wende zum 20. Jahrhundert
zur Gründung eines zweiten Lehrstuhls, der sich Älterer Literatur und
Sprachgeschichte widmete. 1909 wurde mit Eduard Hoffmann-Krayer zum
ersten Mal ein Schweizer auf einen germanistischen Lehrstuhl in Basel
berufen.
In den 1930er und 40er Jahren grenzte sich die Basler Germanistik
deutlich von nationalsozialistischen Forschungsansätzen in Deutschland
ab. Walter Muschg entwickelte das Konzept der «Tragischen
Literaturgeschichte», das die Szene der petoschen Prdouktivität und ihre
gesellschaftlichen ‹Opfer› in den Mittelpunkt des Nachdenkens über
Literatur stellte. Die Inhaber des Lehrstuhls für Ältere Literatur und
Sprachgeschichte (Friedrich Ranke 1938-1952, Heinrich Wagner 1952-1958,
Heinz Rupp 1958-1988) forschten zu unterschiedlichen mediävistischen
Bereichen, beispielsweise zum höfischen Mittelalter (Ranke), oder über
das systematiche Verhältnis zwischen gesprochener und geschriebener
Sprache (Rupp).
Die Bedeutung der Linguistik zunächst durch die Berufung Ernst Erhard
Müllers auf einen Lehtstuhl für Geschichte der deutschen Sprache unter
besonderer Berücksichtigung der Mundartforschung gestärkt und 1975 durch
die Schaffung eines eigenständigen Lehrstuhls für Sprachwissenschaft
(Heinrich Löffler 1975-2004) erneut betont. Hinzu kam in den Jahren
1978-1988 ein Extraordinariat für schweizerisch-landeskundliche Belange,
das von Robert Schläpfer besetzt wurde.
Um den seit den 1960er Jahren stark ansteigenden Studierendenzahlen
gerecht zu werden wurden zahlreiche neue Stellen geschaffen. Gab es 1952
erst eine Assistenzstelle, waren es 1969 schon acht. Als Professoren
für Literaturwissenschaft wurden 1968 Karl Pestalozzi und Martin Stern
berufen. Das seit 1980 von Louis Wiesmann besetzte Extrordinariat für
Neuere deutsche Literatur übernahm von 1980-2001 Christoph Siegrist.
Einen weiteren methodischen ‹turn› hinzu einem stärker
kulturwissenschaftlich geprägten Ansatz erfuhr die Basler Germanistik
durch die Berufung von Gabriele Brandstetter (1997-2003).
Orte der Basler Germanistik
1885 wird der Lehrstuhl für Literatur mit der Romanistik zum
Germanisch-Romanischen Seminar verbunden und erhält ein Zimmer am
Münsterplatz 8 im Gebäude der Allgemeinen Lesegesellschaft. Der gleiche
Raum wird außerdem noch von der Neuphilologie und der
Geschichtswissenschaft genutzt.
Etwas Entspannung in diese räumliche Situation brachten neue Räume im
Bischofshof, die im Wintersemester 1900 bezogen wurden und ein weiterer
Umzug 1907 in die Augustinergasse 8. Seit 1917 war für fast 50 Jahre das
Seminarhaus am Stapfelberg Sitz des Deutschen Seminar, bis dann seit
den 60er Jahren wieder mehrere Ortswechsel vorgenommen, zunächst an den
Aeschengraben 9, dann in die Clarastrasse 13. 1990 konnte dann der von
der Universität erworbene und neue renovierte Engelhof bezogen werden.