Das Statistische Jahrbuch Basel-Stadt, die Jahresberichte und die Personalverzeichnisse der Universität: Tücken in der diachronen Rekonstruktion numerischer Reihen.
Zur Entwicklung des Lehrkörpers der Universität Basel gab es bisher keine statistische Rekonstruktion. Ausnahmen bilden die allgemeine Darstellung von Georg Kreis und die Berechnung des Frauenanteils von Gaby Fierz, die beide einzelne Stichjahre im Zeitfenster zwischen 1960 und 1985/88 beziffern. Das Anliegen der vorliegenden Rekonstruktion, die numerische Entwicklung von 1818 bis zur Gegenwart nach Statusgruppen und Fakultäten zu differenzieren, verunmöglichte den Zugriff auf die jahrweise publizierten Zahlen der universitären Jahresberichte wie auch des Statistischen Jahrbuchs Basel-Stadt. Beide unterscheiden nur nach Status, nicht aber nach Fakultät. Zudem reichen sie nur bis in die letzen Jahre des 19. Jahrhunderts zurück.
Die vorliegenden Daten wurden durch die Auszählung der folgenden Personalverzeichnisse gewonnen: Für den Zeitabschnitt von 1818 bis 1872 aus dem Verzeichnis der Behörden und Beamten des Kantons Basel-Stadt, für den Abschnitt von 1873 bis 1963 aus dem Personalverzeichnis der Universität Basel, von 1963 bis 1991 aus dem Dozenten- und Vorlesungsverzeichnis der Universität Basel, von 1991 bis 1994 aus dem Anhang des Vorlesungsverzeichnisses der Universität Basel. Alle Verzeichnisse liegen im Staatsarchiv Basel-Stadt.
Mit der administrativen Reorganisation im Kontext der jüngsten Universitätsreform mutiert das Personalverzeichnis zu einem alphabetisch geordneten Adressbuch, so dass eine Auszählung nach Fakultäten und Status nicht mehr möglich ist. Auch von Seiten der Universitätsverwaltung konnten für die Jahre zwischen 1995 und 2009 keine fakultätsspezifischen Zahlen zur Verfügung gestellt werden. Auf eine Auszählung der Vorlesungsverzeichnisse musste aus arbeitsökonomischen Gründen verzichtet werden. Die gesamtuniversitär saldierten Zahlen ab 1995 wurden den Jahresberichten der Universität entnommen. Im Zuge der Neudefinition der Personalkategorien scheidet 1995 die Rubrik ‹Lektor› aus. Zu den EhrendozentInnen und GastdozentInnen liegen nach 1995 ebenfalls keine einheitlichen Zahlen mehr vor.
Kongruenz und Inkongruenz im Kontrollvergleich
Die gehobenen Daten wurden in einem Kontrollvergleich überprüft. Ab 1910 wurden die gesamtuniversitären Saldi der einzelnen Dozentenkategorien, wie sie sich aus den genannten Quellen ergeben haben, in Zehnjahresschritten mit den entsprechenden Saldi des Statistischen Jahrbuchs Basel-Stadt verglichen, ab 1970 bis 1994 zusätzlich im Dreijahresschritt mit den Saldi der universitären Jahresberichte.
Neben insgesamt guter Kongruenz förderte der Vergleich einige Abweichungen zu Tage. Grundsätzlich stimmen die Zahlen bei den rangtieferen und umfangreicheren Statusgruppen weniger gut überein als in den obersten Rängen. Individuelle Ausreisser wurde nur in den wenigen Fällen abgeklärt, wo die Abweichung 10% der eigenen Berechnung überschritt.
Die regelhaften Inkongruenzen, die insbesondere nach 1970 im Vergleich zum Statistischen Jahrbuch auftreten, sind in mindestens einem Fall die Folge unterschiedlicher Rubrikstrukturen. So ist die im Statistischen Jahrbuch seit 1960 konstant leicht höhere Zahl in der Rubrik der Privatdozenten auf die dortige Mitzählung der Ehrendozenten, die hier gesondert geführt werden, zurück zu führen.
Die recht plötzliche Inkongruenz hinsichtlich der ordentlichen sowie der ausserordentlichen Professoren zu Beginn der 1990er Jahre, deren Saldi im Statistischen Jahrbuch um rund 10% bzw. 20-30% höher als hier ausfallen, könnte man auf den ersten Blick der dortigen Mitzählung der emeritierten Statusvertreter, die lehraktiv waren, überantworten. Geht man davon aus, dass die Lehraktivität emeritierter Dozierender im betrachteten Zeitraum ein relativ kontinuierliches Phänomen darstellt, befriedigt diese Erklärung jedoch nicht, weil die Doppelunterscheidung ‹emeritiert, aber lehraktiv› im Statistischen Jahrbuch seit 1971 gemacht wird, die Inkongruenz aber erst seit Anfang 1990er Jahre besteht. (So können die Angaben des Statistischen Jahrbuchs auch nicht dazu dienen, die hier erhobenen Daten nach dem Kriterium der Lehraktivität zu verfeinern.) Da Anfangs der 1990er Jahren (noch) keine neuen Dozentenkategorien geschaffen wurden, kann auch eine anderweitige Erweiterung der Rubriken nicht der gesuchte Grund sein. Möglicherweise liegt der Grund in unterschiedlichen Quellengrundlagen (Vorlesungs- statt, wie hier, Personalverzeichnis), in der unbemerkten Mehrfachzählung von interdisziplinär Dozierenden oder in allgemeinen Erhebungsunsicherheiten angesichts der administrativen Restrukturierungen im Umfeld der Universitätsrefrom. (So erschienen in den Jahren 1994 und 1995 bspw. keine Jahresberichte.)
Am stärksten fällt die Abweichung der gehobenen Daten im Fall der LektorInnen aus. Seit 1980 liegen die Zahlen des Statistischen Jahrbuchs etwa um 20%, dann gegen die 1990er Jahre um über 100% über den Zahlen der eigenen Berechnungen. Die Abweichung zu den universitären Jahresberichten dagegen ist erst Anfang 1990er und in viel geringerem Ausmass signifikant; die Berichte liegen rund 30% höher.
Im Kontrast zur Personalentwicklung gestaltete sich die Erhebung der Entwicklung des Lehrangebots vergleichsweise problemlos. Die Zahlen der Lehrveranstaltungen stammen für die Zeit 1868 bis 1909 aus den Verwaltungsberichten des Regierungsrates. Zwischen 1910 und 2002 sind sie einheitlich im Statistischen Jahrbuch ausgewiesen; einzelne wenige Lücken wurden durch Nachzählung in den Vorlesungsverzeichnissen geschlossen.