Neue Technologien sind naturgemäss der Gesetzgebung, die ihre Anwendung reguliert, voraus. Im Fall der ab 1960 entwickelten neuen Methoden der Molekularbiologie und molekularen Genetik waren sich die Wissenschafter aber schon sehr früh der denkbaren Risiken bewusst. Diese sind in erster Linie die unbeabsichtigte Freisetzung von veränderten Organismen in die Umwelt und deren unkontrollierte Vermehrung und Verbreitung.
Es wurde befürchtet, dass die gezielte Rekombination von genetischem Material unterschiedlicher Spezies unmittelbar oder mittelbar zur Entstehung neuer Pathogene mit unabsehbaren Folgen für Mensch und Umwelt führen könnten. Die Forscher auferlegten sich zuerst selbst Regeln im Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen mit dem Hauptziel, deren Freisetzung aus dem Labor zu verhindern. Am Biozentrum wurden deshalb seit je alle biologischen Abfälle separat gesammelt und vor ihrer Entsorgung inaktiviert. Anfänglich verzichtete man auch bewusst auf Arbeiten mit Pathogenen.
Entwicklung erster Biosicherheits-Standards
Die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften gründete 1975 eine Kommission für experimentelle Genetik mit Werner Arber als erstem Präsidenten, die Richtlinien für gentechnische Experimente erarbeitete und Risikoabschätzungen durchführte. Breiter abgestützt und in Zusammenarbeit mit Behörden ging daraus die Interdisziplinäre Schweizerische Kommission für Biologische Sicherheit in Forschung und Technik (SKBS) hervor, deren Richtlinien bindend waren für universitäre Einrichtungen und vom Nationalfonds unterstützte Projekte. In der Störfallverordnung von 1991 (ausgelöst durch den Chemieunfall von Schweizerhalle) wurden erstmals direkt gesetzliche Bestimmungen für gentechnische Arbeiten erlassen und einzelne Projekte, die über die niedrigste Risikoklasse (kein Risiko) hinausgingen, führten dazu, dass für einige Zeit das Biozentrum deswegen im Risiko-Informationssystem des Kantons Basel-Stadt aufgeführt war.
1999 wurde schliesslich eine separate Verordnung über den Umgang mit Organismen in geschlossenen Systemen (die Einschliessungsverordnung) erlassen. Arbeiten mit gentechnisch veränderten Organismen, aber auch mit natürlichen Pathogenen, werden in 4 Risikoklassen eingeteilt. Das Risikopotential der Tätigkeit ergibt sich aus der Risikogruppe der verwendeten Organismen und Gene (Pathogenität, Virulenz, Übertragungs- und Ausbreitungsart, Behandlungsmöglichkeiten), aus der Art der Experimente und aus deren Massstab. Bei Tätigkeiten der Risikoklasse 1 ist keine Gefährdung abzusehen. Die Risikoklasse 2 stellt ein geringes Risiko in erster Linie für die direkt beteiligten, insbesondere bei einer Immunschwäche, dar. Ein Epidemiepotential liegt allerdings nicht vor, weshalb der Schaden in jedem Fall auf das Betriebsareal beschränkt bliebe. Aus diesem Grund fallen diese Tätigkeiten heute nicht mehr unter die revidierte Störfallverordung. Projekte der Risikoklassen 1 und 2 müssen dem Bundesamt für Umwelt gemeldet werden, das die korrekte Einstufung kontrolliert. Tätigkeiten der höheren Risikoklassen 3 und 4, die eine mässige oder hohe Gefährdung von Mensch oder Umwelt enthalten, erfordern dagegen eine formelle Bewilligung und speziell ausgerüstete und abgetrennte Laboratorien.
Biosicherheit in der Praxis
Am Biozentrum (inkl. Pharmazentrum) sind gegenwärtig 30 Projekte der Risikoklasse 1 und 16 Projekte der Klasse 2 gemeldet. Wir sind nicht ausgerüstet für Tätigkeiten der Risikoklasse 3 oder 4. Seit 10 Jahren ist Infektionsbiologie, die molekulargenetische Untersuchung von pathogenen Bakterien und ihrer Wechselwirkung mit den Wirtszellen, ein erfolgreicher Forschungsschwerpunkt im Biozentrum. Bewusst konzentriert man sich dabei auf Modellorganismen der Risikogruppe 2. Es besteht aber durchaus das Bedürfnis, ein Labor für Klasse-3-Tätigkeiten an der Universität zusammen mit dem Tropeninstitut und eventuell auch dem Kantonslabor einzurichten. Dies würde die Überprüfung der Pathogenitätsmechanismen, wie man sie bei Gruppe-2-Organismen identifiziert hat, auf medizinisch relevante Gruppe-3-Organsimen ermöglichen.
Oberstes Organ der Sicherheit am Biozentrum/Pharmazentrum ist der Sicherheitsausschuss, der alle Sicherheitsbelange regelt und die Sicherheitsrichtlinien erlässt. Ein/e Professor/in amtiert als Biosicherheitskoordinator/in (Biosafety Officer) und berät die Gruppenleiter über die Gesetze und Richtlinien, kontrolliert ihre Ausführung, ist in Kontakt mit den Bundes- und Kantonsbehörden und führt ein Inventar der Projekte mit potenzieller Biogefährdung. Es sind aber die Gruppenleiter, die Verantwortung in ihrem Bereich tragen, ihre Projekte melden, ihre Mitabeiter instruieren und die Sicherheitsmassnahmen treffen. Neue Mitarbeiter werden in allgemeine Sicherheitsbelange von den Floormanagern eingeführt, lernen über die Biosicherheitsorganisation durch einen obligatorischen Internetkurs und erhalten schliesslich von ihrem Gruppenleiter projektspezifische Instruktionen. Die Kontrollstelle für Chemie- und Biosicherheit des Kantonslabors schliesslich inspiziert regelmässig das Biozentrum/Pharmazentrum und ausgewählte Gruppen.
Gegenwärtig ist die Universität im Begriff die Sicherheit in allen Aspekten gesamtuniversitär neu zu organisieren. Das Biozentrum kann in diesem Zusammenhang bereits auf einige Erfahrung bauen und ist in diesem Prozess deshalb als Modellinstitut integriert.