Lehre am Biozentrum
Die Etablierung des Studienwegs Biologie II führte in den
Schlüsselfächern Biochemie, Biophysik, Mikrobiologie, Zellbiologie und
später Neurobiologie zur Einführung einer für Basel neuen
Unterrichtsform, dem Blockkurs. Diese Blockkurse begannen nach einem
Grundstudium in allgemeiner Biologie, Mathematik, Physik und Chemie aus
dem Angebot anderer Institute. Das Grundstudium wurde durch Tutoring
durch Angehörige des Biozentrums ergänzt.
«Jeder Blockkurs beanspruchte sieben Wochen und vermittelte in einer
engen Verzahnung von Vorlesungen, praktischen Arbeiten, Proseminaren und
Diskussionsstunden die Grundlagen der Gebiete auf hohem Niveau und in
sehr konzentrierter Form. Die Studenten sind während eines Blockkurses
ganztägig am Biozentrum und arbeiten im engen Kontakt mit ihren Dozenten
und Betreuern. Der Lehrstoff wurde abgerundet durch eine Vorlesung in
Pharmakologie. Nach den Blockkursen folgte eine Aufbaustufe mit
Vorlesungen und Seminaren für Fortgeschrittene, die parallel zu einer
Diplomarbeit mit einer ersten eigenen Forschungstätigkeit durchgeführt
wurde. Das Ziel war die Diplomprüfung bereits nach dem 4. Studienjahr
mit abgeschlossener Diplomarbeit abzulegen. Der Diplomarbeit folgte eine
Doktorarbeit, die im Schnitt drei Jahre dauerte und auch bei gut
ausgewiesenen Wissenschaftlern anderer Institute oder in der Industrie
durchgeführt werden konnte. Die Doktorarbeiten wurden von individuell
zusammengestellte Komitees bereut. Eine Neuerung war auch eine gut
organisierte Nachdiplomausbildung, die sich primär an Doktoranden
richtete, sekundär aber auch der Weiterbildung von Wissenschaftlern
diente, die bereits im Berufsleben standen»
Ziel des Studienplans war es, lange Studienjahre mit passiver
Lerntätigkeit zu vermeiden und die Studenten möglichst rasch an eine
eigene Forschungstätigkeit heranführen, dies auch im Hinblick auf die
Konkurrenz aus dem angelsächsischen Raum, die sich oft bereits mit 25
Jahren mit abgeschlossener Ausbildung und Doktortitel am Biozentrum
bewarben.
Durch eine Studienreform im Jahr 2003 wurde ein Studiengang Biologie
eingeführt, um den Übergang zwischen verschiedenen Studienzielen für die
Studenten zu erleichtern. Dadurch wurde das bisherige Curriculum
Biologie II abgeschafft, doch blieb der Geist der Ausbildung erhalten.
Das Blocksystem wurde nun auch auf andere Fächer übertragen. Die
Bologna-Reform und die damit verbundene Umstellung auf das
Bachelor/Master System hat erneut viele Änderungen gebracht, doch sind
Konzept und Qualität der Lehre erhalten geblieben.
Wichtig für ein gutes Lehrangebot waren und sind auch die Beiträge
vieler auswärtiger Dozenten. Besonders genannt seien das Miescher
Institut der Novratis und das im Jahr 2000 aufgelöste Basler Institut
für Immunologie der Hoffman La Roche. Dort haben viele Studierende des
Biozentrums ihre Doktorarbeit durchgeführt.
Das gute Lehrangebot am Biozentrum zeitigte Erfolg: Der Ansturm an
Studenten war sehr gross. Bis 2001 haben 650 StudentInnen ein Diplom in
einem der Fächer des Biozentrums erworben und 555 junge
WissenschaftleInnen ihre Doktorarbeit verfasst. Die Daten von 2001 bis
heute sind auf der website des
Biozentrums veröffentlicht.
Anfänge der Forschung im Biozentrum
Das Gebäude war damals noch nicht voll besetzt, und eines der sechs
Stockwerke war sogar an das Miescher Institut vermietet, trotzdem
füllten sich die Forschungsgruppen der ersten an das Institut berufenen
Professoren
und der vom Biozentrum geschaffenen Projektleiter rasch. Die einzelnen
Forschungsgruppen wurden klein gehalten, um eine effiziente Forschung
zu ermöglichen. Ausserdem setzte sich das Biozentrum in den 1970er
und 1990er
Jahren gegen politische Strömungen zur Wehr, die seine Arbeit hätten
beeinträchtigen können.
Der Forschungsschwerpunkt war damals die biologische Membran: Alle
Zellen der Organismen sind von einer Membran umgeben, die aus
fettähnlichen Lipiden und Eiweissen (Proteinen) bestehen. Von Membranen
umschlossene Bereiche bestehen auch innerhalb von Zellen. Die
ForscherInnen waren besonders am Aufbau der Membranen, der Struktur der
Membranproteine und dem durch diese bewirkten Transport von Stoffen
durch die Membranen interessiert. Dies war in den ersten Jahren des
Biozentrums ein sehr interessantes Thema, welches mit den zu dieser Zeit
neu entwickelten Methoden (siehe den Überblick »Aufbrüche in der
Biologie: Molekularbiologie und Systembiologie» auf dieser Webpage)
angepackt werden konnte.
1973/75 arbeitete die Forschungsgruppe Burger an Zell-Zell
Wechselwirkungen und dem Problem der Metastasenbildung von Tumoren. Die
Gruppe Schatz erforschte die Biosynthese und die Assemblierung
mitochondrialer Membranproteine. Die Gruppe Engel arbeitete über die
Wechselwirkung zwischen Proteinen und die Assoziation von Proteinen zu
Filamenten und die Gruppe Schwarz über kooperative
Konformationsumwandlungen und Bindungsvorgänge, sowie den Effekt
elektrischer Felder. Die Gruppe Seelig untersuchte die Strukur und
Dynamik von Lipiden mit Hilfe der Elektronenspinresonanz und
kernmagnetischen Resonanzspektroskopie. Die Forschungsgruppen Gehring
und Gerisch studierten fundamentale Probleme der Differenzierung und
zellulären Wechselwirkungen an Drosophila Fliegen und an einem
Schleimpilz, der als Einzeller und Mehrzeller leben kann. Bei Drosophila
stand die genetische Programmierung der Entwicklung im Vordergrung. Die
Gruppe Arber untersuchte den Mechanismus der Wirkung von
Restriktionsendonucleasen und anderer DNA-bindender Enzyme. Werner Arber erhielt 1978 den
Nobelpreis für diese Forschungen. Die Gruppe von Kellenberger
entwickelte neue elektronenmikroskopische Techniken und untersuchte die
Struktur von Phagen. In der Gruppe von Thoenen wurde der retrograde
axonale Transport des Wachstumsfaktors von Nerven untersucht und die
Gruppe Bucher studierte die Pharmakologie von neuen Mitteln gegen
Husten. Die Gruppe von Jansonius untersuchte die Struktur von Enzymen
mit Hilfe der Röntgenstrukturanalyse und die Gruppe Franklin studierte
die Rolle von Lipiden bei der Virusvermehrung.
Weitere Entwicklungen in der Forschung
Einen Überblick über die Forschung der nächsten 25 Jahre und den
personellen Wechsel am Biozentrum zu geben, ist in diesem Rahmen
unmöglich. Einen Schnappschuss gibt eine Tabelle der Abteilungen,
Forschungsgruppenleiter und ihrer Aktivitäten in einer
Informationsschrift zum 30-jährigen Bestehen des Biozentrums im Jahr
2001.
Hans Thoenen verliess das Biozentrum Ende 1978 und ging, ebenso wie
Günther Gerisch an das Max-Planck-Institut für Biochemie nach München.
Eduard Kellenberger emeritierte im Herbst 1990. Max Burger wurde 1986
Direktor des Miescher Instituts in Basel und Howard Riezmann war sein
Nachfolger. Jürg Rosenbusch, der von 1972–1998 in der Abteilung
Mikrobiologie an Membrantransportproteinen arbeitete, und John Nichols,
der von 1983–1998 in der Neurobiologie wirkte, sind in dieser Tabelle
nicht mehr aufgeführt, da sie 2001 emeritiert waren.
Zum 30. Geburtstag des Biozentrums gab es – wie schon zur Eröffnung –
ein grosses Fest. Im offiziellen Teil hielten prominente Wissenschaftler
(Gottfried Schatz, Eric Kandel, Günter Blobel, Pascal Cossart, Hubert
Markl, Werner Arber, Wolfgang Junge, Alex Wlodawer, Sidney Brenner)
Vorträge und es wurde ein Theaterstück mit dem Titel »Die Maus, die
Fliege und der Mensch» aufgeführt; er fand vom 13-15. Dezember 2001 in
der Mustermesse statt.
Von 2001 bis heute hat sich an der Forschung des Biozentrums erneut viel
geändert. Dies geschah durch Verlagerung der Forschungsschwerpunkte auf
neue aktuelle Themen. Heute sind dies: «Zellwachstum und Entwicklung»,
«Infektionsbiologie», »Neurobiologie», »Systems Biologie und
Computerwissenschaften» und «Strukturbiologie und Biophysik». Zum
anderen ging die heute scherzhaft Dinosaurier genannte Gruppe von
Professoren in Pension: Richard Franklin, Gerhard Schwarz, Johan N.
Jansonius, Gottfried Schatz, Werner Arber, Jürgen Engel, Tom Bickle und
Urs Meyer. Diesen folgten junge Wissenschaftler nach: Yves-Alain Barde
(Pharmakologie/Neurobiologie), Dagmar Klostermeier (Biophysikalische
Chemie), Jean Pieters (Biochemie), Heinrich Reichert (Molekulare
Zoologie), Peter Scheiffele (Zellbiologie), Anne Spang (Biochemie),
Kaspar Vogt (Pharmakologie/Neurobiologie), Cécile Arrieumerlou
(Mikrobiologie), Thorsten Schwede, Erik van Nimwegen und Mihaela Zavolan
(Bioinformatik). Als Informationsquelle für die neuen Forschungen am
Biozentrum kann wieder die schon zitierte Webpage des Biozentrum
dienen.