Zu Beginn des 20. Jahrhunderts suchten und fanden zahlreiche Seminarien der Universität einen neuen Ort in einem alten Gebäude. 1916 ging der Bärenfelserhof am Stapfelberg in das Eigentum des Staates über und wurde für lange Zeit Heimat für die sich stark verändernden und entwickelnden Fächer und Disziplinen der Geisteswissenschaften. Ein typisches Basler Bürgerhaus mit einer reichen Geschichte wird für fast ein Jahrhundert Universitätsgebäude.
Basler Bürgerhaus
Im Jahr 1602 liess Johann Lucas Iselin (genannt Hans Lux Iselin «der Reiche») das Eckhaus an der Ecke Martinsgasse Stapfelberg erbauen und verband das neue Haus mit dem Gebäude Eisenburg («Ysenburg») an der Martinsgasse (heute 16-18), das ihm ebenfalls gehörte. An dieser Ecke wird 1494 erstmals ein Haus erwähnt, das Iselin für seinen Neubau einreissen liess. Iselin liess das Haus prächtig ausbauen; ein kostbares Täferzimmer, das so genannte Iselinzimmer von Franz Pergo ist im Historischen Museum zu bewundern.
Seidenbandfabrik
Als Iselin 1626 hoch verschuldet starb, stand das Gebäude längere Zeit leer und wechselte danach mehrmals den Besitzer. Den Namen Bärenfelserhof erhielt das Haus vom Junker Friedrich Christoph von Bärenfels, der es 1748 erwarb. Ab 1802 nutzte die Seidenbandfabrik «Gebr. Bischoff» das Haus als Produktionsstätte. Sie liessen zum Stapfelberg hin einen fünfgeschossigen Flügelbau und im Hof, wo zuvor ein Barockgarten bestanden hatte, einen lang gestreckten, dreigeschossigen Fabrikbau errichten. Der hintere Teil der Liegenschaft, nun als Stapfelberg 7 bezeichnet, wurde 1879 von der GGG für die Frauenarbeitsschule erworben, die 1895 vom Staat übernommen wurde, der auch das Eckhaus (Stapfelberg 9) dazukaufte.
Ort der Geisteswissenschaften
Ab 1916 wurde das Gebäude für die Universität genutzt. Die Universität war um die Jahrhundertwende stark gewachsen und hatte ausserdem wegen der Umwandlung des Oberen Kollegiums in ein Museum auf viele Räume verzichten müssen. Der Platz im Unteren Kollegium reichte nicht mehr für alle Seminarien, Professoren und Studierenden aus. Zudem war das Gebäude stark baufällig. Die Situation verschärfte sich, als deutlich wurde, dass sich der Neubau des Kollegiengebäudes weiter verzögern würde und es musste eine Zwischenlösung gefunden werden: Man begann einzelne Seminarien in den Stapfelberg zu verschieben, mit der Aussicht, bald ins neue Kollegiengebäude umziehen zu können. Der Bärenfelserhof, der nur als Provisorium gedacht war, wird bis heute für die Universität genutzt. Die Bewohner des Bärenfelserhofs waren die geisteswissenschaftlichen Fächer, da die naturwissenschaftlichen Fächer mit dem Bernouillanum bereits einen Neubau erhalten hatten.
Wechselhafte Nachbarschaften:
Seminare im Bärenfelserhof
Zuerst zogen das Theologische Seminar, das Philologische Seminar (Latein und Griechisch), das Seminar für Indogermanische Sprachwissenschaft, das Orientalische Seminar, das Historische Seminar, das Juristische Seminar, das Deutsche Seminar, das Englische Seminar und das Staatswissenschaftliche Seminar ein. Trotz des erfolgten Wachstums benötigten die Seminare verglichen mit heute nur wenig Platz: ein bis zwei Räume für Seminare, Sitzungen und die Bibliothek, dazu ein Büro für den Seminarvorsteher.
Bis Ende der Dreissiger Jahre wuchs die Universität weiter: auf mehr Studierende folgten mehr Dozierende und der Platz im Bärenfelserhof wurde knapp. Einige Fächer erhielten ein neues Heim. Im Seminarhaus verblieben das Deutsche Seminar, das Philologische Seminar, das Historische Seminar und das kleine Seminar für Indogermanische Sprachwissenschaft. Diese Zusammensetzung änderte sich erst Anfang der Siebziger Jahre, obwohl die Raumsituation schon nach dem Krieg wieder problematisch geworden war. Doch die Suche nach Lösungen und Liegenschaften, die für die Universität geeignet waren, gestaltete sich schwierig. Man musste auf Miethäuser ausweichen, was aus Kostengründen vermieden werden wollte. So zogen das Historische Seminar ans Hirschgässlein 21 und das Deutsche und Slavische Seminar an den Aeschengraben 9. Das Philologische und Indogermanistische Seminar waren schon einige Jahre vorher umgezogen.
Im Seminarhaus fand nun das Romanische Seminar für lange Zeit ein Heim: es zog erst 2007 an die Maiengasse 51, die nach dem Umzug der Juristischen Fakultät ins Jacob Burckhardt-Haus frei geworden war.
Zurück an die Stadt
Der Bärenfelserhof steht noch vier Jahre der Universität zur Verfügung. Nach Ende dieser Zeit wird das Gebäude umgebaut werden und seine urspüngliche Funktion als Wohnhaus wieder erfüllen.