Die Neuentdeckung der Stadt Basel durch adelige Zuwanderer folgte um die Mitte des 16. Jahrhunderts und führte - mit Unterbrechungen für die Dauer von gut 50 Jahren zu einer dauerhaft hohen Präsenz von Studenten und Gelehrten an der Universität.
1545 stattete Jan Mączyński (ca. 1515 - vor 1584) der Stadt einen Besuch ab. Später war er als Lexikograph und Reformationsanhänger tätig. Nach dem Studium in Wittenberg (wo er die Vorlesungen von Philip Melanchton gehört hatte), Strassburg (wo er den herausragenden Philologen Peter Dasypodius kennen gelernt hatte) und einem kurzen Aufenthalt in Paris war Basel für Mączyński die nächste Station. Er fühlte sich vermutlich von der Atmosphäre der Erasmusstadt angezogen. Wir wissen nicht, ob Mączyński das Studium an der Basler Universität aufnahm, belegt ist aber seine Bekanntschaft mit dem Rhetorikprofessor und Hebräischkenner Martin Cellarius (eigentlich Borrhaus, 1499-1564), bei dem er vielleicht in der Lehre stand.
Die ersten polnischen Studenten in Basel
Die lange Reihe polnischer Studenten, die sich in die Matrikel der Basler Universität eintrugen, eröffnete 1551 ein Vertreter des Grossadels, Abraham Zbąski (1531-1577), der in Zukunft einer der Kandidaten für den polnischen Thron werden sollte. So wie sich früher die Polen durch Erasmus von Rotterdam angezogen fühlten, so wollten sie nun den italienischen Exilanten und Rhetorikprofessor an der Fakultät der Freien Künste, Celio Secondo Curione (1503-1569) erleben. Für die polnische Jugend war nicht nur der Ruhm des Philologen von Bedeutung, sondern auch – oder gar vor allem – seine religiöse Einstellung. Ein Humanismus mit moralisch-christlicher Ausrichtung im Geiste der Reformation, aber zugleich mit einer Tendenz zum religiösen Liberalismus, kritisch gegenüber Autoritäten, musste den tolerant eingestellten Polen gefallen. Ähnlich wie Zbąski hielten sie sich in der Pension Curiones auf, führten gelehrte Gespräche mit dem Meister oder luden ihn zu Gastmahlen ein. Darüber hinaus hatten sie dort die Möglichkeit, herausragende Vertreter der Basler gelehrten Welt kennen zu lernen, so den Hebraisten und Kosmographen Sebastian Münster (1488-1552), den Juristen und Kunstsammler Bonifaz Amerbach (1495-1562), den Philologen und Verteidiger der religiösen Toleranz Sebastian Castellio (1515-1563) oder den Gräzisten, Ethiker und späteren Mediziner Theodor Zwinger (1533-1588). Die meisten der polnischen Studenten in Basel nach 1550 waren Anhänger Calvins.
Im Auftrag des polnischen Übersetzers Stanisław Warszewicki brachte Zbąski dem Buchdrucker Johann Oporinus (1507-1568) die lateinische Übertragung der vor kurzem aufgefundenen griechischen Romanze Heliodors Aethiopicae mit. Wahrscheinlich vermittelte Zbąski auch bei dem Basler Drucker wegen der Herausgabe der Reden von Stanisław Orzechowski (De lege coelibatus, 1551) und des wichtigsten Werks von Andrzej Frycz Modrzewski De Republica emendanda (1554). Abraham Zbąski machte Curione mit der einflussreichen Familie Lutomirski bekannt, vor allem mit dem Kastellan von Brzeziny, Jan. Dessen Fürsprache beim König Sigismund August ermöglichte es, dass das Buch von Curione De amplitudine Regni Dei (1554) diesem Monarchen gewidmet werden konnte. Der eng mit Curione befreundete Abraham erhielt von dem Meister die ihm gewidmete Ausgabe der Satiren von Persius und Juvenalis (1551). Auf die Empfehlung Zbąskis hin kamen weitere Polen 1553 in Basel an, und zwar Michał Zalewski (gest. 1559) und Mikołaj Uhrowiecki (1537-1557), der in Curiones Pension zwei Jahre verbrachte. Unter dem Einfluss der Lehre ihres Gastgebers eigneten sich die beiden Studenten die Ideen des religiösen Liberalismus und Radikalismus an, die sie später auch weiter verbreiten sollten.
1554 traf in Basel der aus den östlichen Grenzgebieten Polens stammende Bazyli Drzewiński ein, ein Sekretär des Königs Sigismund August. Zu Gast in Basel war ebenfalls Jan Krzysztof Tarnowski (ca. 1536-1567), der mit seinem Gefolge von England nach Italien reiste. Begleitet wurde er vom Woiwodensohn Stanisław Latalski (1535-1598), dem späteren Hetman, vom Thronanwärter Mikołaj Mielecki (gest. 1585) und vom Erzieher Jan Sekulicki. Wohl wegen der Kürze ihres Aufenthaltes in der Stadt immatrikulierten sich weder Jan Krzysztof noch seine Begleiter an der Universität. Der junge Magnat lud Curione zu einem Gastmahl ein, und jener widmete seinem Vater, dem Hetman Jan Tarnowski, die grammatische Abhandlung Schola, sive De perfecto grammatico (1555).
Stanisław Iłowski: Hellenist und Historiker
Eine sicherlich bedeutende Persönlichkeit im Umkreis der humanistischen Gelehrten Basels war der Hellenist und Geschichtstheoretiker, der Woiwodensohn Stanisław Iłowski (gest. 1589), der 1555 unter der Leitung Curiones das Rhetorikstudium aufnahm. Merkwürdigerweise war auch er nicht immatrikuliert, obwohl er fast ein Jahr lang von dem Basler Professor unterrichtet wurde. Von seinem Meister ermutigt, begann er, einige griechische Autoren zu übersetzen. Iłowski war der einzige Pole, der seinem Lehrer ein Buch widmete – und zwar die lateinische Übersetzung eines Fragments von Dionysios von Halikarnassos Responsio ad Cn. Pompei epistolam (1556). Nach einem einjährigen Aufenthalt am Rhein siedelte Iłowski nach Paris um, kehrte jedoch nach einem zehnjährigen Studium in Frankreich und Italien im Juli 1566 nach Basel zurück, um seine Geschichtsforschungen zu ergänzen. Er traf hier die alten Bekannten Curione und Oporinus und nahm engere Kontakte zu dem gerade gewonnen Freund Theodor Zwinger und zum Juristen Basilius Amerbach auf, von denen er die ihn interessierenden Bücher auslieh. Dies wird durch die erhaltene Korrespondenz belegt. Endgültig verliess der Gelehrte Basel im Oktober desselben Jahres.
Besucher um die Jarhundertmitte
Im Winter 1555/1556 hielt sich in Basel ein Sohn des Krakauer Woiwoden auf, der fünfzehnjährige Jan Baptysta Tęczyński (ca. 1540-1563), der mit seinem Betreuer Marcin Święcicki und dem Literatur- und Sittenlehrer Andrzej Sienicki nach Paris reiste. Da sie nur auf der Durchreise waren, trugen sie sich nicht in die Matrikel ein. Curione besuchte aber Tęczyński während dessen Aufenthalts in Basel und widmete dessen Vater, Stanisław, seine Kommentare zu den rhetorischen Schriften Ciceros In M. T. Ciceronis oratorias Partitiones explicationum libri tres (1556). In den folgenden zwei Jahren trugen sich weitere Besucher aus Polen in die Matrikel ein: 1557 Stanisław Kokoszka (ca. 1540-1566), Sohn eines Krakauer Schusters, 1558 die Brüder Mikołaj (ca. 1540-1584) und Wojciech Dłuski, von denen ersterer bis 1560 in Basel blieb, wo er Rhetorik und Theologie studierte.
Eine besonders bedeutende Persönlichkeit unter den polnischen Besuchern Basels war sicherlich der spätere historische Schriftsteller und Polonist, Jan Łasicki (ca. 1534 - nach 1599). Über ihn schrieb H. Barycz: „[Er] war wohl der herausragendste Vertreter der polnischen Kultur im Westen; er hatte breite Beziehungen und Kontakte zu den führenden Kreisen der Intellektuellen in Europa, in Deutschland, der Schweiz, Frankreich und England; er kannte persönlich und arbeitete intensiv mit vielen prominenten Persönlichkeiten, die die Religions- und Geistesgeschichte der Epoche prägten.” Nach seinem philologischen Studium in Strassburg und Lausanne und nachdem er die intellektuelle Elite Genfs und Zürichs kennen gelernt hatte, wählte Łasicki bis 1560 die Stadt Basel als Ort für einen fast einjährigen Aufenthalt. Hier kam er Mitte 1558 samt zweier Zöglingen an: Wojciech Gnojeński und Stanisław Lipnicki. Łasicki war auch im Hause Curiones zu Gast, wo er den Philologen Theodor Zwinger, der auch in der Geschichte forschte, und den prominenten Buchdrucker und Herausgeber Oporinus kennen lernte. Engere, bedeutsamere und länger andauernde Kontakte knüpfte der Gelehrte jedoch mit dem zum Freundeskreis Celios zählenden Castellio, bei dem er vier Jahre später als Erzieher von Jan und Jost Paczek, den Söhnen eines Krakauer Patriziers, wohnen sollte.
Der bereits erwähnte Kastellan von Brzeziny, Jan Lutomirski, ein einflussreicher Onkel Zbąskis, besuchte Basel zwar nie, aber er schickte die polnische Jugend aus vornehmeren protestantischen Häusern Polens dorthin. Die 1558 am Rhein gastierenden Polen waren zum grossen Teil Neffen und Protegés des Kastellans; unter ihnen finden wir z.B. die Söhne Mikołaj Lutomirskis (eines Vetters Jans): Baltazar (gest. 1587), den späteren Höfling und königlichen Sekretär, und Piotr, sowie die miteinander verwandten Vertreter des reicheren Adels: Jan Słupecki (gest. vor 1594) und Krzysztof Ossoliński aus der Familie des bekannten Sejmführers Hieronim, darüber hinaus weniger bekannte Personen wie Jan Gozdycz (Goździc?) und Zbigniew Kaszycki oder den Erzieher dieser Studentengruppe, Stanisław Paklepka (gest. 1567), der sich zum Minister ausbildete und später ein Anhänger des Arianismus wurde.
Um die Jahreswende 1559/1560 kam aus Tübingen eine grössere Gruppe von Studenten aus Polen nach Basel: Unter der Aufsicht des Erziehers Wojciech Sylwiusz besuchten Stanisław und Jan Pieniążek, Marcin Strzelecki, Mikołaj Kotkowski aus Rudołtowice (ca. 1550 - ca. 1603) – der spätere Beamte am königlichen Hof und Mundschenk von Sieradz – sowie Jan Rozdrażewski aus Nowe Miasto (gest. 1609) – der spätere Weihbischof von Włocławek –, den Kasper Laetus aus Teschen begleitete, die Universität. Den fälligen Betrag zahlten sie gemeinsam bei der Immatrikulation. Im März 1560 trugen sich Jan Tomasz Drohojowski (ca. 1535-1605) – der spätere Sekretär Sigismund Augusts, Starost von Przemyśl und Kronreferendar –, Jan Chryzostom Rzepiszowski aus Zawada und Zygmunt Czyżowski – in Zukunft der Kastellan von Połaniec in die Matrikel. Gegen Ende desselben Jahres schloss sich ihnen ein junger Litauer an, der spätere Kämmerer von Litauen und Woiwode von Nowogródek, Fiedor Skumin-Tyszkiewicz (gest. 1618).
Unterricht bei Sebastian Castellio und Theodor Zwinger
Im Hause des Buchdruckers Johann Oporinus hielten sich 1561 Stanisław Starzechowski (gest. 1582), Herkules Jurczyński, Zygmunt Wargowski, und im Jahre 1562 Jerzy Niemsta (ca. 1545-1583), Andrzej Balicki, Stanisław Skorulski und Mikołaj Kula auf. Oporinus’ Haus am Nadelberg war überdies ein Ort häufiger Treffen mit Curione, der als literarischer Berater des Buchdruckers mit diesem viele Stunden in dessen Druckerei verbrachte. Unter den genannten Studenten lenkte der Sohn des Woiwoden von Podolien, Starzechowski, die Aufmerksamkeit des Professors auf sich – Curione widmete ihm einen Band der Reden Ciceros Orationum pars prima (1562). Starzechowski wurde auch von Castellio unterrichtet, aber sein Meister und Freund war Theodor Zwinger, mit dem er fast drei Jahre lang in enger Verbindung blieb. Nach der Abreise des Woiwodensohns widmete ihm Zwinger die Ausgabe der ethischen Schriften von Aristoteles De moribus ad Nicomachum (1566).
Im September 1563 wurden die Reihen der polnischen Jugend in Basel durch die Söhne des Generalstarosten von Grosspolen, Wacław (vor 1545-1574) und Jan (ca. 1545-1582) Ostroróg, verstärkt, die mit ihrem Erzieher und Famulus reisten. Dann traf in Basel der Sohn des Woiwoden von Witebsk, Jan Kiszka (gest. 1592) – der spätere Anhänger und Protektor des Antitrinitarismus – ein, der mit einer Gefolgschaft von etwa zehn Personen reiste. Alle wohnten im Hause Curiones, der sie in der Rhetorik unterwies und die Schriften von Cicero kommentierte. Sie hörten auch die Vorlesungen Castellios über Homer. Der Basler Mediziner, Philologe und Historiker Heinrich Pantaleon (1522-1595) widmete Kiszka seine deutsche Übersetzung des Buches von Paolo Giovio Von der türkischen Keyseren Herkommen (1564). Überdies erhielt Kiszka die ihm von Curione gewidmete Ausgabe von Ciceros De claris oratoribus liber (1564). Auch die zwei Jünglinge aus dem Gefolge Kiszkas, Krzysztof Zenowicz und Mikołaj Dziewałtowski, wurden durch die ihnen von Curione gewidmete Ausgabe von Aemilius Probus Vitae excellentium imperatorum (1564) gewürdigt.
Als Castellio 1563, nach den Angriffen seiner Gegner, gestorben war, veranstaltete eine Gruppe von Polen, in der sich Jan Ostroróg, Starzechowski und Niemsta befanden, wohl auf Anregung Łasickis hin, der Hausbewohner und Schüler von Castellio war, eine demonstrative Beisetzung des Professors und stifteten eine Grabtafel, die in den Münsterkreuzgang eingemauert wurde. An der Stiftung der Grabtafel, die Castellios Verdienste pries, beteiligte sich vermutlich auch Kiszka, er wird aber wegen seines jungen Alters in der Inschrift nicht erwähnt. Stadt und Universität, eingeschüchtert durch die Genfer Orthodoxen um Calvin, die in den letzten Jahren gegen Castellio gehetzt hatten, distanzierten sich ausdrücklich von dieser Aktion.
Diese Besuche beendeten vorläufig die gruppenartigen Aufenthalte von Polen in Basel, die sich bislang durch den Ruhm Curiones und seiner gelehrten Freunde angezogen gefühlt hatten. 1564 trieb die Pest alle polnischen Studenten aus Basel. In den nächsten Jahren erschienen in der Stadt einzelne polnische Studenten, so der Poet aus Podolien, Jeremi Wojnowski, der hier 1567 seine Griechisch- und Hebräischkenntnisse vertiefte. Nur manchmal kamen für einen kurzen Aufenthalt Studenten in kleineren Gruppen, etwa Mikołaj Dłuski mit Krzysztof Zborowski (1565) oder die Verwandten Stanisław, Jan und Mikołaj Myszkowski (1566). Es ist nicht sicher, ob diese Studenten immer noch von Curione unterrichtet wurden. Jedenfalls besuchten während der Tätigkeit dieses Gelehrten in Basel (1550-1569) insgesamt 74 Besucher aus Polen diese Stadt und Universität.
Nach dem Tode Curiones 1569 finden wir lediglich 1571 einen einzelnen polnischen Besucher in Basel: Andrzej Zebrzydowski, den Sohn des Woiwoden von Brest-Kujawien. Er kam nach seinem Studium in Heidelberg mit einem Gefolge von fünf Personen nach Basel.
Polen an der Medizinischen und Theologischen Fakultät
Wurden die wissenshungrigen Jünglinge bislang von der Fakultät der Künste angezogen, so nahm ein Grossteil der adligen Besucher in dem letzten Viertel des Jahrhunderts das medizinische oder theologische Studium auf. Nach dem Beschluss des Papstes Pius IV. von 1565 konnten in Padua nur Katholiken den Titel eines Doktors der Medizin erlangen. Aus diesem Grund begaben sich viele Protestanten aus Polen, die ihr medizinisches Wissen vertiefen wollten, nach Basel, dessen Universität zu einem der Vorreiter in dieser Disziplin wurde. Allerdings können wir bei der Angabe von Namen der polnischen Studenten in Basel nicht immer das gewählte Fach bestimmen, da die Universitätsmatrikel selten darüber eine Auskunft gibt. Einige Studenten hörten Vorlesungen in ganz unterschiedlichen Disziplinen, etwa Medizin neben Mathematik, Philosophie oder Theologie. Somit können wir neben eigentlichen Medizinstudenten auch Polen antreffen, deren Interessen nicht näher bekannt oder die mit mehreren Fächern zu verbinden sind. Anfang der 1570er Jahre wurden die Polen vor allem vom schon erwähnten Theodor Zwinger und von Felix Platter (1536-1614), dem herausragenden Professor der praktischen Medizin, unterrichtet. Seit 1589 waren ihre Meister der Logiker, Mathematiker und Arzt Johannes Nicolaus Stupanus (1542-1621) sowie Kasper Bauhinus (1560-1624), die die Lehrstühle für theoretische Medizin und Anatomie übernommen hatten.
Ab 1575 nahm das Interesse an der Basler Universität wieder zu. Im Herbst dieses Jahres begann – nach Besuchen in anderen Schweizer Städten und nach einer Empfehlung an Zwinger – Andrzej Firlej, ein Sohn des Marschalls und Woiwoden von Krakau, sein Studium in Basel. Seine Begleiter waren Piotr Ostrowicki und Jan Dzierżek, ein Bruder des bedeutenden Übersetzers aus orientalischen Sprachen, Krzysztof Dzierżek, und selbst später ein Hofbeamter bei Sigismund III.
Jan Osmolski: Zuflucht in Basel
Eine interessantere Gestalt, die für längere Zeit mit Basel verbunden blieb, war der in demselben Jahr immatrikulierte Jan Osmolski (ca. 1510 - ca. 1593). Durch die politischen Kämpfe in seiner Heimat und Probleme zu Hause entmutigt, verliess er mit fast 60 Jahren Polen, um in Basel für fast ein Jahrzehnt einen Zufluchtsort zu finden. Hier konnte er sich wieder den geliebten Fächern wie Mathematik und Astronomie widmen. Wir wissen, dass er sich auch für Naturwissenschaften und Medizin interessierte. Er besuchte regelmässig Vorlesungen an der Universität und nahm Privatunterricht bei Stupanus. Auch verkehrte er im Kreise der prominentesten Gelehrten Basels, darunter der Humanist und Mediziner Theodor Zwinger, der Theologe Johann Jakob Grynaeus (1540-1617) oder der Historiker, Mathematiker und Theologe Christian Wurstisen (1544-1588), der einer der ersten Anhänger der heliozentrischen Theorie von Copernicus war. Das Haus Osmolskis, das er in der Nähe des Münsters und der Universität kaufte, wurde nach kurzer Zeit zu einem Treffpunkt für die geistige Elite der Rheinstadt, und der daneben angelegte Gartenhof war eine Stätte der Erholung und Meditation. Stupanus widmete dem Polen zwei seiner Bücher: 1577 eine Sammlung von Abhandlungen über Geometrie, Physik und Astronomie De holometri fabrica et usu, in der er den Adressaten für seine Liebe zu den Wissenschaften und für sein überdurchschnittliches Wissen lobte, 1591 die zweite Ausgabe von Machiavellis Discorsi, die er in das Lateinische übersetzt hatte. Auch nach seiner Abreise aus Basel – zunächst nur vorübergehend im Jahre 1579 und dann endgültig im Jahre 1585 – blieb Osmolski mit den gelehrten Freunden, vor allem mit Zwinger und Grynaeus, im Kontakt. Nach dem Tode Osmolskis wurde seine Basler Büchersammlung Grynaeus übereignet.
Als Mäzen lud er einige junge, mit ihm verwandte Landsleute nach Basel ein. So war der nächste Pole, der sich im März 1578 in die Universitätsmatrikel eintrug – Marcin Chmielecki (1559-1632) –, ein entfernter Verwandter und zugleich Zögling des vermögenden Gönners. Er studierte unter der Leitung Zwingers und Wurstisens, und nach der Erlangung des Doktorgrades in der Philosophie nahm er das medizinische Studium auf, unter anderen bei Stupanus und Bauhinus. Das Doktordiplom erhielt er 1587. In dieser Zeit veröffentlichte er seine Thesen (De humoribus, 1584; De locorum affectorum cognitione generali, 1586; De pleuritide, 1587), die er in öffentlichen Disputationen verteidigte. Nach dem Studium dozierte er seit 1589 Logik und dann Medizin. Er führte überdies seine eigene Praxis. Ausserdem legte er einen Garten für exotische Pflanzen an, den er selber pflegte. 1589 trat er in die Basler Bürgerschaft ein und heiratete eine Verwandte von Zwinger. Fünfmal wurde er zum Dekan gewählt, und zweimal hatte er sogar den Posten des Universitätsrektors inne (1613-1614 und 1627-1628). Der zweite Schützling Osmolskis war sein Neffe, Jan Drohiczyński, der seinen Namen am 26. Oktober 1578 im Basler Universitätsbuch verewigte. Dabei gab er seine Verwandschaft mit dem Mäzen an, der schon damals einen guten Ruf bei den geistigen Eliten der Stadt genoss. 1578 und 1579 immatrikulierten sich noch zwei nicht näher bekannte Polen: Dawid Hertelius aus Krakau und ein Vertreter des Adels von Przemyśl, Piotr Broniowski.
Neues Hauptquartier bei Johann Jakob Grynaeus
Unter den Theologen war es vor allem Johann Jakob Grynaeus, der die adligen Studenten nach Basel anzog. Er wirkte an der Universität seit 1575. So wie sich die Polen früher bei Curione aufhielten, so war die Pension von Grynaeus das Basler Hauptquartier der Polen in den 80er Jahren des 16. Jahrhunderts. Osmolski brachte nach seiner mehrmonatigen Abwesenheit 1579 zwei weitere Neffen aus Polen mit: Piotr (gest. 1619) und Adam (gest. 1602) Gorajski, die aus der Gegend von Lublin stammten. Die wohlhabenden Studenten, die beide wohl um dreissig Jahre alt waren, wollten ihre akademische Wanderung durch Europa – u. a. nach Paris und Wittenberg – in Basel anfangen. An der hiesigen Universität verbrachten sie ungefähr ein Jahr. Vor allem interessierten sie sich für Philosophie und Mathematik, aber auch für Theologie: Gleich nach seiner Rückkehr in die Heimat engagierte sich Adam aktiv im religiösen Leben der calvinistischen Gemeinde und wurde Senior des Bezirks von Lublin. In Basel lernten die Brüder den Kreis der Gelehrten kennen, die häufig bei ihrem Onkel zu Gast waren: Amerbach, Zwinger, Wurstisen. Enger war die Bekanntschaft mit Grynaeus, der den Polen sein Buch Chronologia brevis evangelicae historiae (1580) widmete und mit ihnen korrespondierte.
Von August bis Ende 1580 gastierte im Konvikt von Grynaeus der Sohn des Reformationsaktivisten, Unterstarosten und Burggrafen von Krakau, Przecław Palczowski (gest. 1619), der hier sein in Zürich begonnenes Studium fortsetzen wollte. Er war allerdings mehr an Kleidung und Unterhaltung interessiert, weswegen er auch heimlich die Pension verliess, ohne seine Rechnungen für die Unterkunft beglichen zu haben. Der Versuch, die Schulden einzutreiben, zog sich lange hin, kam jedoch nicht zu einem glücklichen Abschluss – trotz der Vermittlung Andrzej Dudyczs und Jan Osmolskis, der sich der Sache annahm, als er 1585 nach Polen zurückkehrte.
Die zweite Generation polnischer Studenten
Nach fünfzig Jahren suchte die zweite Generation von Polen nach Wissen in der Rheinstadt: Zu Beginn der 1580er Jahre besuchten die Söhne der ehemaligen Gäste und Schüler von Erasmus Basel. Im Juni 1580 immatrikulierte sich Stefan Aichler und im Januar des folgenden Jahres Jan Ephorinus. Nach Basel fühlten sie sich durch die Erfahrungen ihrer Väter und deren immer noch lebendige Erinnerung an den grossen Rotterdamer angezogen. Dies können wir etwa anhand des Empfehlungsschreibens Krzysztof Trecys an Theodor Zwinger feststellen, in dem es heisst: Caeterum Iohannes Ephorinus, qui tibi has reddet literas, est in civitate hac nostra honestissimo loco natus, cuius pater Anselmus Ephorinus clarissimus fuit medicus Erasmo Roterodamo in vestra urbe familiarissimus. Auch Aichler bekam Empfehlungsschreiben: der italienische Emigrant Giovanni Bernardino Bonifacio Marchese d'Oria, der in Polen weilte, empfahl diesen Jüngling in einem Schreiben dem Juraprofessor Basilius Amerbach (1533-1591), und Jan Łasicki half diesem, die Gunst von Grynaeus zu gewinnen. Aichler interessierte sich vermutlich für Philologie und Philosophie, und Ephorinus wählte das medizinische Studium aus.
Im Januar 1581 trug sich Sebastian Strykowski (Strikovius) in die Universitätsmatrikel ein und im April desselben Jahres ein weiterer Pole, Józef Sienicki. Ein grösseres Aufsehen erregendes Ereignis war der nur einwöchige Besuch von Jan (1565-1622) und Mikołaj (1567-1612) Ostroróg, den Söhnen Stanisławs, des Kastellans von Międzyrzecze, in Basel. Die beiden Brüder waren damals auf der Reise nach Genf. In ihrer Gefolgschaft befanden sich der Verwalter Jakub Milewski, der wissenschaftliche Betreuer Jan Jonas aus Mähren sowie die Bediensteten Marcin Bukowiecki und Krzysztof Lubieniecki (1561-1624), der spätere Arianismusaktivist.
Der Besuch dieser vornehmen Jünglinge eröffnete eine neue Reihe von Zuwanderungen nach Basel aus der Schicht der höher gestellten polnischen Magnaten. Wohl wegen der Kürze des Aufenthalts wurden die Namen der Besucher diesmal nicht in die Matrikel eingetragen. Die Ostrorógs wohnten in der Pension von Grynaeus und lernten auch Zwinger kennen. Die Bekanntschaft mit Grynaeus schlug bald in gegenseitige Sympathie um. Dies belegen zwei den Brüdern gewidmete Bücher: die Vorlesungen zum Propheten Jona (Ionae prophetae liber, 1581) und die Schrift gegen die Ebionitensekte, wie manchmal die Arianer bezeichnet wurden (Disputatio contra ebionitas, 1583). Ein weiteres Zeugnis dieser Zuneigung ist der spätere Briefwechsel mit den Polen. Jan Ostroróg verliess nach kurzer Zeit die Schweiz. Von Mikołaj berichten die Historiker, dass er bis Mai 1582 in Genf blieb, wo er sich unter der Leitung von Théodore de Bèze und Antoine De la Faye weiterbildete. Während dieser Zeit muss er - wahrscheinlich Anfang 1582 - auch zum Studium nach Basel gekommen sein, da er sich mit Milewski, Jonas und Lubieniecki in die Matrikel der Universität Basel eintragen liess. Wahrscheinlich lernte er jetzt Amerbach und andere Professoren kennen, denen er sich später in einem Brief an Grynaeus vom 12. Oktober 1583 empfahl. Dieses Studium dauerte sicherlich nicht lange, und Ostroróg kehrte nach Genf zurück.
Noch im Sommer 1582 immatrikulierte sich an der Basler Universität der mit den Ostrorógs verwandte Sohn des Woiwoden von Inowrazlaw, Andrzej Krotoski (gest. 1624), der von den Hochschulen in Altdorf und Strassburg kam und konfessionell mit den Böhmischen Brüdern verbunden war. Begleitet wurde er von Jakub Broniowski, mit dem er später in Orléans und Genf studieren sollte. Im Juli 1583 fing der Schlesier Amandus Polanus à Polansdorf (1561-1610) seine Lehre in Basel an, ein Schüler und dann Mitarbeiter von Grynaeus, dem herausragenden Theologen und Polenfreund. Nach seinem weiteren Studium in Genf und Heidelberg, wo er als Erzieher des jungen mährischen Magnaten Joannes Dionysius Žerotin tätig war, kam Amandus in dessen Begleitung an den Rhein und trug sich im Juni 1590 zum zweiten Mal in die Basler Matrikel ein. Damals folgte ihm sein Bruder, Walery Polanus (geb. ca. 1570); später studierte er Medizin. Amandus erlangte noch im Oktober desselben Jahres den Titel eines Doktors der Theologie.
Im Oktober 1584 nahm Daniel Pyrnus, ein Krakauer Patriziersohn, sein medizinisches Studium auf. Er dürfte sich länger in Basel aufgehalten haben, da er hier später seine zwei Thesen zur Medizin veröffentlichte (De cerebro humano, 1586; De herniis, 1588). Diese Disziplin zog schon damals immer mehr Studenten aus Polen an, was mit dem hohen Niveau der Fakultät und dann (einige Jahre später) mit der Unterstützung und Förderung durch den Mäzen Marcin Chmielecki (s.o.) zu verbinden ist.
Einige weitere polnische Namen erscheinen in der Universitätsmatrikel nach einer zweijährigen Pause wieder 1586: Im Januar trugen sich Jakub und Krzysztof Sienieński ein, und im September fing Stanisław Ostroróg mit seinem Erzieher Jan Amplias Soszyński sein Studium an. Ostroróg war ein weiterer Vertreter der zweiten Generation von Zöglingen der Basler Alma Mater – sein schon verstorbener Vater, Wacław, gehörte vor 23 Jahren zu den Schülern und Anhängern Curiones. Stanisław interessierte sich für Medizin, und seinen Fleiss im Anatomieunterricht bezeugt Bauhinus in seinem dem Polen gewidmeten Buch De corporis humani partibus (1588). Ostroróg lernte auch Grynaeus kennen (vielleicht wohnte er in seinem Konvikt). Auf jeden Fall kann man aus dem Brief des Jünglings an diesen Professor vom April 1590 schliessen, dass auch Grynaeus in derselben Zeit Stanisław und seinem Vetter Mikołaj eine Sammlung von theologischen Thesen De optimo genere studii theologici widmete. Stanisław blieb mit Unterbrechungen bis 1589 in Basel, und den Namen seines Erziehers treffen wir noch später an, da dieser hier sein Studium Mitte der 1590er Jahre fortsetzte. Fast wie zum Ersatz Ostrorógs kam 1589 ein weiterer Pole hierher zur Ausbildung: Piotr Kurnicki aus der Woiwodschaft Posen. Seit dieser Zeit finden wir in der Matrikel der Universität bis zum Ende des Jahrhunderts jedes Jahr polnische Studenten.
Im November 1590 traf mit seinem Gefolge Jan Skumin-Tyszkiewicz (ca. 1572-1642) in Basel ein, der Starost von Bracław, Sohn des Woiwoden von Nowogródek Fiedor, der in seiner Jugendzeit (1560) auch hier studiert hatte. Der Woiwodensohn wurde begleitet von Łukasz (gest. vor 1643) und Jerzy (gest. 1643) Mosalski (Massalski), Krzysztof Franckowicz und dem Erzieher Stanisław Skorulski. Alle hatten zuvor in Heidelberg studiert. Grynaeus widmete Skumin seine Thesen zum Glauben der von Gott erwählten Menschen, die unter dem Titel Theorema: Electorum viva illa fides, qualitas quidem est 1591 veröffentlicht wurden. Aus Litauen stammte auch Jan Abramowicz, der in die Matrikel in der zweiten Hälfte des Jahres 1591 eingetragen wurde. Er war wahrscheinlich ein Vertreter der bekannten calvinischen Familie, die mit der Familie Radziwiłł in Verbindung stand. Im nächsten Jahr erschien neben einem Grosspolen aus dem Kreise der Böhmischen Brüder, Wojciech Gajewski, dem späteren Starosten von Ujście, auch ein Schlesier, Mikołaj Possedowski (Posadowski).
Studienort Basel - eine Familientradition
Im Juni 1593 nahmen zwei polnische Jünglinge das medizinische Studium auf: Marcin Codicius Pniewski, mit Thorn verbunden, und der spätere grosse Dichter und Hofbeamte bei den Radziwiłłs, Daniel Naborowski (1573-1640) aus Krakau. Beide gaben ihre medizinischen Thesen hier in Druck (Pniewski über Schnupfen und Seuchenvorbeugung: De catarrho, 1593, und De pestis natura et praeservatione, 1594, und Naborowski über Temperament- und Giftarten: De temperamentis, 1593, und De venenis, 1594). Beide erlangten 1594 ihre Doktorwürden. Naborowski verliess Basel im Mai 1595 und begab sich nach Orléans. Er kehrte jedoch noch als Lehrer Janusz Radziwiłłs (im Oktober 1596) und dann als Begleiter des Fürsten im Exil 1608 an den Rhein zurück. Mit Pniewski und Naborowski vertiefte sein medizinisches Wissen auch der Danziger Jan Varismann, der schon im Juli 1593 zum Doktor promoviert wurde. Gegen Ende desselben Jahres kam Fryderyk Gutteter, Sohn eines Krakauer Patriziers, Stadtrats und Bürgermeisters, zum Studium nach Basel. Die zwei Słupeckis, Samuel (gest. nach 1643) und Jan, die im Juni 1594 in die Matrikel eingetragen wurden, waren Söhne Jan Słupeckis aus Konary, der 1558 von Curione unterrichtet und beherbergt worden war. Familientraditionen hatten somit für die jungen Protestanten eine entscheidende Bedeutung bei der Wahl des Reiseziels. Die beiden Brüder richteten dann allerdings nach einem einjährigen Aufenthalt am Rhein ihre Schritte nach Freiburg i. Br., wo sich eine katholische Hochschule befand.
Noch mehr Polen besuchten ein Jahr später, 1595, die Basler Universität. Im Juni kam Rafał Leszczyński (1579-1636), Sohn des Woiwoden von Brest-Kujawien, Andrzej, eines bekannten Führers andersgläubiger Christen. Er wohnte im Haus von Grynaeus und nahm höchstwahrscheinlich unter dessen Leitung das Theologiestudium auf. Nach einigen Monaten siedelte er nach Strassburg über, wo er sich in Geisteswissenschaften und Jura bis 1598 weiterbildete. Für die Sommersemester kehrte er jedoch nach Basel zurück. Er muss hier mehrere prominente Gelehrte kennen gelernt haben, und von einer engeren Freundschaft mit Grynaeus zeugt deren Briefwechsel. Amandus Polanus, der damals schon einen Lehrstuhl innehatte, widmete dem Woiwodensohn eine Abhandlung über die Vorstellung Gottes, nach dessen Vorbild der Mensch geschaffen wurde, De imagine Dei (1597). Mit Leszczyński trugen sich in das Universitätsbuch Jan Wilkowski und Marcin Gracjan Gertichen (Gertich; 1568-1629) ein, der früher die Dissidentenschule in Posen geleitet hatte und den der Vater von Rafał in Kürze zum Hofprediger ernennen sollte. Kurz nach diesen kamen drei weitere Polen an: Stanisław Zieleński (der spätere Protestanteprotektor in Łuczanowice) mit dem Erzieher Jan Błotnicki und dem Famulus Jan Sobański. In der zweiten Hälfte des Jahres erschien nach dem Studium in Heidelberg und Strassburg der Onkel Rafałs (ein fast zwanzigjähriger Altersgenosse), Wacław Leszczyński (ca. 1576-1628), später Krongrosskanzler, der bald darauf wieder zum Katholizismus konvertieren sollte. In Basel verweilte er nur kurz, und zwar wohnte er in der Pension von Grynaeus. Von Genf ausgehend unternahm er dann längere Reisen durch ganz Europa. Als Erzieher Wacławs kam der uns schon bekannte Jan Amplias Soszyński nach Basel, der nach dem Abschied von seinem Zögling hier sein medizinisches Studium fortsetzte. Wahrscheinlich gegen Ende desselben Jahres trug sich der nicht näher bekannte Jan Czartoryski aus Czartoria in die Matrikel ein.
Ein Jahr später, im Dezember 1596 oder zu Anfang 1597, fand sich in Basel der jüngere Bruder von Rafał Leszczyński, Andrzej (gest. 1606), ein. Zu seinem Erzieher wurde wiederum der hier studierende Soszyński. Vermutlich interessierte sich auch Andrzej für Naturwissenschaften, da Stupanus diesmal den beiden Brüdern seine Thesen über die Anschauung Hippokrates’ von der menschlichen Natur, De hominis natura (1597), widmete. Kurz darauf verreiste Andrzej Leszczyński zum Studium der Sprachen nach Strassburg, aber er kehrte im Juli 1599 nach Basel zurück, um sich hier bis 1601 in Geisteswissenschaften fortzubilden. Im Februar 1601 verteidigte er seine Thesen in der Philosophie der Politik und hielt eine Rede über Wege zur Erhaltung der Republik im blühenden Zustand Oratio de causis Rempublicam beatam florentemque conservantibus, die auch im Druck erschienen ist. Leszczyński wohnte im Konvikt von Grynaeus, beaufsichtigt wurde er weiterhin von Soszyński.
Während der Amtszeit von Grynaeus als Rektor konnte die Basler Universität im Oktober 1596 noch andere vornehme Studenten wie die Fürsten Jerzy (1578-1613) und Janusz (1579-1620) Radziwiłł, die Vetter und Söhne der Woiwoden von Nowogródek und Vilnius waren, aufnehmen. Mit Fürst Janusz kam als Deutsch- und Französischlehrer Daniel Naborowski, der sich nicht wieder in die Matrikel eintrug.
Ihre Namen haben aber andere Begleiter verewigt: die Erzieher Daniel Chojnowski und der Schlesier Melchior Reich sowie die Höflinge Jan Ogiński (ca. 1582-1640), Sohn des Kammerherrn von Troki, Aleksander Tryzna, Jan Szadek und Jan Baltazar Lutomirski, Sohn Baltazars, der bei Curione 1558 zu Gast war. Die Fürsten studierten Geschichte, Politik und Theologie. Sie besuchten auch Vorlesungen im Collegium Medicum, wo sie fleissig an Obduktionen teilnahmen, die Professor Kasper Bauhinus durchführte. Der Gelehrte widmete den beiden Woiwodensöhnen das Lehrbuch Anatomes (Januar 1597), in dem er auch jenen Fleiss der beiden ausdrücklich betonte. Die Radziwiłłs hielten sich nur bis Februar 1597 in Basel auf, dennoch wurden ihnen noch drei weitere Bücher gewidmet: Mit ihren Namen versah Stupanus seine Thesen Doctrina de elementis (1597), Platter widmete Janusz das Werk über Fieberarten De febribus (1597), und Polanus eignete den beiden das theologische Werk über Genesis unter dem Titel Quaestio: An primus Mosis liber (1597) zu.
Einen oder zwei Monate nach den Radziwiłłs kamen, ebenfalls aus Litauen, die Söhne des Kastellans von Smoleńsk, Samuel (gest. vor 1605) und Wojciech Naruszewicz. Ähnlich wie andere Söhne der calvinischen Familien hatten sie schon sechs Jahre Studium an den protestantischen Hochschulen in Breslau, Heidelberg und Strassburg hinter sich. Gemeinsam mit dem Erzieher Salomon Neugebauer aus Preussen, dem späteren historisch-geographischen und didaktischen Schriftsteller, widmeten sie sich der Medizin und besuchten u. a. die Vorlesungen von Stupanus. Sie müssen sich auch für Theologie interessiert haben; davon zeugt die Samuel von Polanus gewidmete Abhandlung über die Heilige Schrift De canone Scripturarum Divinarum (1597).
Der Pest trotzen - Basels polnische Studenten im ausgehenden 16. Jahrhundert
Unglücklich für die Polen fing das Jahr 1597 an. Am 24. Januar immatrikulierte sich der junge Stanisław Wołłowicz, Sohn des verstorbenen Starosten von Słonim, Michał, ein weiterer Vertreter des in Litauen bekannten Geschlechtes. Mit ihm trug sich der ihn als Lehrer begleitende Schlesier Jakob Schickfuss ein, der sich mit Geschichte beschäftigte. Beide kamen von Strassburg, wo Schickfuss auch Rafał Leszczyński und Samuel Naruszewicz unterrichtet hatte. Schon nach fünf Tagen erkrankte der Starostensohn plötzlich und starb kurz darauf – wohl von der Pest betroffen.
Dies entmutigte jedoch andere Studenten aus Polen keineswegs, denn noch in der ersten Jahreshälfte strebten zwei weitere nach Wissen an der Basler Universität: Jan Orzelski (1578-1601) aus Bożejowice in Grosspolen – mit Schulden belastet, die er in Altdorf und Strassburg gemacht hatte –, und Wawrzyniec Lemka (gest. 1638), ein Bürger aus Lublin, der nach der Erlangung der Doktorwürde der Medizin (1599) in seine Heimstadt zurückkehrte, wo er sich als geschätzter Mediziner erwies. Lemka veröffentlichte in Basel drei Thesensammlungen: 1598 De pulsibus, von der Tuberkulose De phthisi und 1599 (im Zusammenhang mit dem Doktorat) eine These von der erfolgreichen Therapie Apotherapeja jatrike. 1597 gab der schon seit zwei Jahren in Basel gastierende Soszyński Thesen über die Pest De lue pestifera heraus, und von Platter ermutigt beschäftigte er sich im Zusammenhang mit seinem Doktorat (am 23.6.1597) mit der Balneologie, d. h. mit der therapeutischen Anwendung des kohlensäurehaltigen Wassers, was er in der Rede De natura et viribus aquarum acidarum beschrieb.
Im Juli 1597, nach dem Studium an Akademien in Deutschland und Frankreich und unterwegs nach Italien, hielt sich in Basel ein Vetter der dort schon anwesenden Samuel und Wojciech Naruszewicz, Andrzej, auf, der ein Sohn des Landeskämmerers im Grossherzogtum Litauen war. Zusammen mit seinen Verwandten hörte er Vorlesungen im Collegium Medicum, und Professor Stupanus würdigte alle drei Naruszewiczs, indem er ihnen das zur Disputation vorbereitete Werk Galens De temperamentis libri tres (1597) widmete. Andrzej interessierte sich ebenfalls für Theologie, denn Amandus Polanus widmete ihm zwei Abhandlungen über die damals heftig diskutierten Fragen der Erbsünde und Prädestination De peccato originis (1597) und De aeterna Dei praedestinatione (1598). Das medizinische Studium nahm auch der im November 1597 immatrikulierte Lutheraner Marcin Pisecki aus Schlesien auf, der anderthalb Jahre später seine Ausbildung mit dem Titel eines Doktors anhand der Arbeit zu Gelenkentzündungen De arthritide (1599) abschloss. Bei Grynaeus hielt sich Hermolaus Zyzemski auf, der sich 1597 in die Matrikel eingetrug.
Lediglich drei polnische Namen tauchen in der Matrikel im Jahre 1598 auf: neben dem uns gut bekannten Soszyński, der zum zweiten Mal (ein Jahr nach der Erlangung des Doktortitels) seinen Namen verewigte, kam von Strassburg der Starostensohn von Žiežmariai Przecław Pakosz, der aus einer den Radziwiłłs dienenden Familie stammte. Im Oktober folgte der Calvinist und Krakauer Bürgersohn Wincenty Łyszkowic (gest. 1641). Die beiden Studenten widmeten sich der Medizin, und Łyszkowic, ein Schüler von Stupanus, Platter und Bauhinus, verkündete jährlich eine neue These (De facultatibus ac earum functionibus, 1598; De lethargo, 1599), um im April 1600 den Doktortitel anhand einer Abhandlung über Geschlechtskrankheiten De lue Venerea zu erlangen. In Basel blieb er bis 1602. Den Namen von Pakosz können wir in der Widmung des Werks De animae humanae facultatibus (1598) antreffen, das Meister Stupanus dem jungen Polen zueignete.
Zustrom um die Jarhundertwende
Einen besonderen Zustrom der adligen Jugend erlebte die Basler Hochschule im Jahre 1599, als sich in deren Gemäuern neunzehn neue Studenten aus Polen fanden.
Die Namensliste dieser Gruppe eröffneten die aus der Gegend von Lublin stammenden Stanisław, Jan (gest. 1619), Zbigniew und Adam Lipski aus Goraj, die Söhne Jans, des Kammerherrn von Bełż. Ihren Weg bereitete der Strassburger Erzieher Wincenty Łyszkowic vor, auf dessen Anraten Stupanus den Brüdern noch vor ihrer Ankunft in Basel (April) eine Sammlung von Thesen über die angeborenen Kräfte des Körpers De naturalibus facultatibus (1599) widmete. Trotz ihres Interesses für die Medizin nahmen die Lipskis das philosophische Studium auf. Stanisław gab 1600 eine Sammlung von Thesen zur Tapferkeit Theses ethicae de fortitudine heraus, und gemeinsam mit den Brüdern Jan und Zbigniew schrieb er noch einige Gratulationsgedichte Vincentio Liscovicio […] gratulantur amici (1600), die sich in einem Bändchen für Łyszkowic aus Anlass seines Doktortitels fanden. Mit den Lipskis kam deren Verwandter, Aleksander Grot Słupecki, nach Basel, ein Bruder der schon genannten Samuel und Jan. Er nahm am akademischen Leben teil – so schrieb er Epigramme, mit denen die Thesen der polnischen Studenten versehen wurden –, trug sich aber nicht in die Matrikel ein.
Im April 1599 trafen sieben weitere Personen in Basel ein (vielleicht siedelten sie alle gemeinsam von Strassburg um): ein Sohn des Kämmerers von Brest, Mikołaj Szujski, unter der Aufsicht des Pädagogen Daniel Bazylik, Sohns des bekannten Übersetzers und Schreibers Cyprian. Mit ihnen trugen sich deren Bedienstete, Łukasz aus Oksza und Stefan Perszyński, dann Marcin Czaplic aus Szpanów (gest. ca. 1638), Arianer, Sohn des Richters in Łuck, Jan Zawadzki aus Zawada und Piotr Sowiński ein. Wahrscheinlich nahmen alle an philosophischen Vorlesungen teil. Bazylik verkündete unter der Aufsicht Jakob Zwingers (1569-1610), des Sohns Theodors, seine Thesen vom Glück De beatitudine (1599) und Czaplic von der sittlichen Vollkommenheit De virtute morali und von der natürlichen Macht De principatu, naturali potissimum (beide im Druck 1599). Szujski und Bazylik schrieben auch Gratulationsgedichte für den Łyszkowic gewidmeten Band (1600).
Zusammen mit Andrzej Leszczyński, der im Juli desselben Jahres von Strassburg nach Basel zurückkehrte, erschien hier sein Stiefbruder, Sohn des Woiwoden von Podlasie, Jan Radzimiński. Unter der Aufsicht von Grynaeus, bei dem sie dank eines Empfehlungsschreibens des Woiwoden wohnten, vertieften sich die beiden Jünglinge in Geisteswissenschaften, darunter auch Theologie, obwohl Radzimiński Katholik war. Möglicherweise fühlte sich Jan auch von den Naturwissenschaften angezogen, da Stupanus schon im September seinen Eifer in der Widmung zum medizinischen Büchlein über Verdauungsfunktionen des menschlichen Körpers, Doctrina de spiritibus (1599), lobte. Erzieher Radzimińskis war Michał Fuchs aus Elbing. Begleitet wurde er von Eustachy Stanisławski und Joannes Magius aus Stettin. Radzimiński und Leszczyński hielten sich in Basel bis Februar 1601 auf, und nach einem Zwischenaufenthalt in Genf kehrten sie im Herbst desselben Jahres in die Rheinstadt zurück, wo sie noch fast zwei weitere Jahre verbrachten. Im Juli 1599, später als Radzimiński, trugen sich zwei weitere Polen in die Matrikel ein: Jerzy Rzeczycki (gest. 1649), Sohn des Kammerherrn von Lublin und Aktivisten der calvinischen Kirche, sowie Stefan Stein. Im Oktober verewigte seinen Namen der sich zum Theologen ausbildende Calvinist Kasper Chrząstowski, dessen Gedichte sich in der Ausgabe der Thesen Bazyliks (1599) und in dem Łyszkowic gewidmeten Band (1600) fanden.
Im letzten Jahr des Jahrhunderts (1600) kam Mikołaj Zenowicz, Sohn des Woiwoden von Brest, Krzysztof, der als Schüler Curiones 1563 von dem Meister mit einer Widmung ausgezeichnet worden war, nach Basel. Mikołaj immatrikulierte sich zusammen mit Jan Gorlicki und dem Litauer Rafał Rutter im April 1600 und nahm das philosophische Studium auf. 1601 gab er zwei Thesensammlungen heraus: über das mit dem menschlichen Willen verträgliche und unverträgliche Handeln De spontaneo et invito sowie über die Verwandlung und den Fall von Staaten De Rerum publicarum mutatione ac interitu. Stupanus widmete ihm das Buch über die Körperteile Partes humani corporis compendiose enarratae (1601). Im Juni wechselte Baltazar Krośniewicki (Krośniewicz; gest. 1624), der künftige Minister der calvinischen Gemeinden in Litauen, von der Heidelberger und Altdorfer Hochschule nach Basel. In dieser Stadt übernahm er die Betreuung der hier studierenden Brüder Lipski und nahm das theologische Studium auf. Er gab auch 1600 eine Sammlung von Abhandlungen Decas miscellaneorum theologicorum heraus, und ein Jahr später drei Thesensammlungen (De decreto aeternae praedestinationis, De sacramentis in genere et in specie, De digressionibus à forma syllogismi). Seine Arbeit über die Prädestination widmete Krośniewicki den Basler Theologen Amandus Polanus, Johann Jakob Grynaeus, Jakob Covet und Leonhard Constans. Er schrieb ausserdem Gratulationsgedichte für polnische Studenten. Im September 1601 erlangte er die Doktorwürde der Theologie.
Im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts (1571-1600) besuchten somit über einhundert Polen Basel, von denen ein Grossteil in die Matrikel der Universität eingetragen wurde.