Stiftungsurkunde von Pius II., StaBS St. Urk. 1658
Lateinischer Text
Pius Episcopus servus servorum dei, Ad perpetuam rei memoriam
Inter ceteras felicitates quas mortalis homo in hac labili vita ex dono
dei nancisci potest, ea non in ultimis computari meretur, quod per
assiduum studium adipisci valeat scientie margaritam, que bene beateque
vivendi viam prebet, ac peritum ab imperito sua pretiositate longe
faciat excellere, hec preterea illum deo similem reddit et ad mundi
archana cognoscenda dilucide introducit suffragatur indoctis et in
infimo loco natos evehit in sublimes. Et propterea sedes apostolica
rerum spiritualium et etiam temporalium provvida ministratrix,
liberalitatis honeste circumspecta distributrix et cuiusvis laudabilis
exercitii perpetua et constans adiutrix, ut eo facilius homines ad tam
excelsum
humane conditionis fastigium acquirendum et acquisitum in alios
refundendum, semper cum augmento quesiti facilius inducantur, cum
aliarum rerum distributio massam minuat, scientie vero communicatio
quantum in plures diffunditur, tanto semper augeatur et crescat, illos
hortatur, eis loca preparat, et opportune commoditatis auxilia
impartitur. Cum itaque sicut pro parte dilectorum filiorum
Magistricivium, Consulatus et Communitatis Civitas Basiliensis nobis
nuper exhibita petitio continebat ipsi non solum ad rei publice ipsius
Civitatis sed etiam ad aliarum partium illi vicinarum utilitatem et
prosperitatem intendentes, in prefata Civitate Basiliensi tamquam loco
insigni et accomodo, in quo aeris viget temperies, victualium ubertas,
ceterarumque rerum ad usum vite humane pertinentium copia reperitur, et
a qua famosa studia Alamanie satis distare noscuntur, plurimum
desiderent fieri et ordinari per eandem sedem studium generale in
qualibet licita facultate, ut ibidem fides catholica dilatetur,
erudiantur simplices, equitas servetur, iudicii vigeat ratio,
illuminentur mentes, et intellectus hominum illustrentur, Nos premissa
et etiam eximiam ipsorum Magistricivium Consulatus et Communitatis
fidei et devotionis sinceritatem, quam ad nos et Romanam Ecclesiam
gerere comprobantur, attente considerantes, ferventi desiderio ducimur,
quod Civitas predicta scientiarum ornetur muneribus, ita ut viros
producat consilii maturitate conspicuos, virtutum redimitos ornatibus,
et diversarum facultatum dogmatibus eruditos, sitque ibi scientiarum
fons irriguus, de cuius plenitudine hauriant universi litterarum
cupientes imbui documentis.
Dictorum Magistricivium Consulatus et Communitatis in hac parte
supplicationibus inclinati, ad laudem divini nominis, et prelibate
fidei propagationem ipsius reipublice et partium earundem commodum
atque profectum auctoritate apostolica statuimus, et ordinamus, quod in
ipsa Civitate Basiliensi de cetero sit, et perpetuis futuris temporibus
vigeat studium generale, tam in Theologia, ac Jure Canonico, et Civili
quam quavis alia licita facultate, ipsiusque studii Basiliensis
Cancellarius sit venerabilis frater noster Johannes, et pro tempore
existens Episcopus Basiliensis, ac legentes et studentes ibidem
omnibus, et singulis privilegiis, libertatibus, honoribus,
exemptionibus, et immunitatibus concessis Magistris, Doctoribus et
studentibus commorantibus et residentibus in generali studio Nostre
Civitatis Bononiensis gaudeant et utantur. Et insuper Cancellario,
Magistris, Doctoribus et Scolaribus dicti Studii Basiliensis faciendi
statuta et ordinationes ad instar eiusdem studii Bononiensis, que tamen
si rationabilia fuerint per sedem predictam confirmentur, plenam et
liberam tenore presentium concedimus facultatem, non obstantibus
constitutionibus et ordinationibus apostolicis ceterisque contrariis
quibuscunque. Nulli ergo omnino hominum liceat hanc paginam nostrorum
statuti ordinationis et concessionis infringere vel ei ausu temerario
contraire. Si quis autem hoc attemptare presumpserit, indignationem
omnipotentis dei ac beatorum Petri et Pauli Apostolorum eius se noverit
incursurum. Datum Mantue Anno Incarnationis dominice
Millesimoquadringentesimoquinquagesimonono, pridie Idus Novembris,
Pontificatus nostri Anno Secundo.
Pro Servatio
Jo. de Tartarinis
Deutsche Übersetzung
Pius, Bischof, Knecht der Knechte Gottes zum ewigen Gedächtnis der Stiftung
Unter all die Freuden, welche der sterbliche Mensch in diesem
hinfälligen Leben durch Gottes Gabe erlangen kann, verdient nicht
zuletzt sein Vermögen gezählt zu werden, durch beharrliches Studium die
Perle der Wissenschaften zu erringen. Diese weist ihm den Weg zu einem
guten und glücklichen Leben und bewirkt in ihrer Kostbarkeit, dass der
Erfahrene weit über den Unerfahrenen hervorragt. Sie macht ihn
darüber hinaus Gott ähnlich und führt ihn hin zur klaren Erkenntnis
der Geheimnisse der Welt. Den Ungelehrten hilft sie und hebt auch die
von niedrigster Geburt zu den Erhabenen hinauf. Als behutsamer Spender
geistlicher und weltlicher Güter, umsichtiger Verteiler in ehrbarer
Freigiebigkeit und stetiger und beharrlicher Förderer jeder löblichen
Übung ermutigt der apostolische Stuhl deshalb [die Gelehrsamkeit],
bereitet ihr Stätten und gewährt angemessene Hilfe. So sollen die
Menschen umso leichter dazu geführt werden, den Gipfel der
menschlichen Natur zu erreichen, und wenn sie dies erlangt haben, es
weiter zu verbreiten. Das Gewonnene vermehren sie dabei, denn während
die Verteilung anderer Güter deren Masse verringert, wächst und
gedeiht die Wissenschaft umso mehr, je grösser die Zahl derer ist, die
sich an ihr beteiligen. Nun wünschen unsere geliebten Söhne, der
Bürgermeister, Rat und die Gemeinde der Stadt Basel in einer uns
kürzlich überreichten Bittschrift sehr, dass durch denselben
apostolischen Stuhl eine Universität mit jeder erlaubten Fakultät
gestiftet und angeordnet werde. [Die Bittsteller sind] nicht allein auf
den Nutzen und das Gedeihen des Gemeinwesens ihrer eigenen Stadt,
sondern auch der andern umliegenden Gegenden bedacht. [Denn eine
Universität soll dazu beitragen], dass der katholische Glaube sich
verbreite, die einfachen [Gemüter] unterrichtet werden mögen, der
Gleichheit gedient sei, verständiges Urteil kräftig gedeihe, der Geist
der Menschen erhellt und ihr Verstand erleuchtet werde. Als Ort, der
sich einer milden Luft erfreut, wo Überfluss an Nahrungsmitteln und
eine Fülle aller andern zum täglichen Leben nötigen Dinge gefunden
wird und von dem die berühmten Hohen Schulen Deutschlands
bekanntermassen ziemlich weit entfernt sind, eignet sich die Stadt
Basel [als Stätte der Bildung ausgezeichnet]. In Anbetracht dessen und
der ausgezeichneten, aufrichtigen Treue und Ergebenheit, welche
Bürgermeister, Rat und Gemeinde bewiesenermassen gegen uns und die
römische Kirche hegen, sind auch wir nach sorgfältiger Überlegung vom
brennenden Wunsch erfüllt, dass die genannte Stadt mit den Gaben der
Wissenschaft geschmückt werde. Sie soll Männer hervorbringen, die
durch Reife des Urteils auffallen, gekrönt mit dem Schmuck der Tugenden
und gelehrt in der
Weisheit der verschiedenen Fakultäten. Diese sollen ein sprudelnder
Quell der Wissenschaft sein, aus dessen Fülle alle schöpfen mögen,
welche in die Schriften der Gelehrsamkeit eingeweiht werden möchten.
Auf die diesbezüglichen Bitten der genannten Bürgermeister, Rat und
Gemeinde hin beschliessen und bestimmen wir daher kraft unser
apostolischer Autorität, zum Lob des göttlichen Namens, zur Verbreitung
des vorgenannten Glaubens und zu Nutzen und Förderung des Gemeinwesens
und seiner Glieder, dass in der Stadt Basel fortan eine Universität sei
und für alle Zukunft bestehen solle. Sie umschliesst die Theologie,
die kanonischen und bürgerlichen Rechte sowie jede andere erlaubte
Fakultät. Kanzler der Basler Universität soll unser ehrwürdiger Bruder
Johannes und [nach ihm] der jeweilige Bischof von Basel sein. Die am
Ort Lehrenden und Studierenden sollen sich aller und jeglicher
Privilegien, Freiheiten, Ehren, Rechte und Immunitäten erfreuen und
davon Gebrauch machen, welche auch den an der Universität unserer Stadt
Bologna verweilenden und wohnhaften Magistern, Doktoren und Studenten
bewilligt sind. Ferner erteilen wir dem Kanzler, den Magistern,
Doktoren und Schülern der besagten Basler Universität dauerhaft die
volle und freie Befugnis, nach der Weise der Universität von Bologna
Satzungen und Ordnungen zu beschliessen. [Diese sollen,] wenn sie
zweckmässig sind und den apostolischen Konstitutionen, Ordnungen und
was sonst damit im Widerspruch sein mag, nicht entgegenstehen, vom
[apostolischen] Stuhl bestätigt werden. Keinem Menschen soll es demnach
erlaubt sein, sich diesem Brief unserer Satzung, Ordnung und
Bewilligung zu widersetzen oder ihm durch unbesonnenes Unterfangen
entgegenzutreten. Sollte sich dennoch jemand erdreisten, dies zu
versuchen, so sei ihm bewusst, dass er den Zorn des allmächtigen Gottes
und
seiner seligen Apostel Petrus und Paulus auf sich laden würde. Gegeben
zu Mantua, im Jahre der Menschwerdung des Herrn 1459, am Tag vor den
Iden des November [12. November], im zweiten Jahre unseres Pontifikats.
[Unterschrift]